Was sich liebt, neckt sich: Dass die Spannung zwischen Shakespeares Petruchio in der „Widerspenstigen Zähmung“ und seiner Katharina in der Garderobe ihren Ursprung hat und die Gewitterwolken Richtung Bühnenspiel ziehen, vermag auch heute noch zu unterhalten, vor allem wenn das Spiel im Spiel so eine Leichtigkeit entwickelt - und dazu die genialen, süffisanten Songs von Cole Porter viele Musicalnummern unserer Tage wie welkes Gestrüpp aussehen lassen.

An der Wiener Volksoper verlegte man zuletzt die Rahmenhandlung in eine Broadway-Truppe der 1980er-Jahre, doch bei der Produktion des Musical-Evergreens an der Grazer Oper bleibt alles schön altmodisch. Und das ist gut so. Denn die beseelte Inszenierung des überraschend verstorbenen Regisseurs Lee Blakeley zeugt von der Liebe zu diesem Klassiker. Eingekauft hat man sie am Théâtre du Châtelet in Paris (dort war 2016 Premiere); für Graz übernahm Blakeleys Assistentin Tess Gibbs die Einstudierung mit neuer Besetzung.

Allein der Augenschmaus lohnt einen Besuch. Eine Farbenpracht, die den Zuschauer gleichzeitig einlullt und verzückt, aber nie erschlägt: Selten sieht man heutzutage eine derart geschmackvolle Nuancierung, eine Liebe zur Hülle - und das in einem exzellenten Bühnenbild, das dem doppelbödigen Spiel die nötige Leichtigkeit verleiht. Die mit Augenzwinkern, komödiantischem Witz und einer nie angestrengt wirkenden Power dargebotenen Choreografien sollten viele Genre-Liebhaber verzücken.

Prädikat: wunderbar! „Wunderbar“ gehört zu den bekanntesten Liedern; der Höhepunkt in Graz ist freilich „I Hate Men“ in der Interpretation von Katja Berg (namensgebendes Kätchen), der damit auch am Broadway Begeisterungsstürme sicher wären. In Graz werden trotz deutscher Dialoge die Songs im Original gesungen.

Womöglich nimmt Marc Lamberty seinen Fred/Petruchio selbst nicht wirklich ernst, die beiden Damen Berg und Bettina Mönch (Lois/Bianca) hinterlassen den größten Eindruck. Die Nebenrollen wurden mit der ersten Garde besetzt - ob mit Götz Zemann, Ivan Orecanin oder Gerhard Balluch. Andrea Huber bewegt als Hattie (Huber stand vor 19 Jahren selbst als Kate auf der Grazer Opernbühne). Cedric Lee Bradley führt als Paul mit Fieber und Dampf in die letzte Stunde von „Kiss Me, Kate“ hinein: Da spürt man schon mal die mitzuckenden Füße des Besuchers auf dem Platz hinter sich! Dirigent Marcus Merkel passt perfekt in diese Inszenierung des Theaters im Theater und leitet das Orchester mit Verve.

Fazit: Die Musical-Produktion dieser Saison verströmt den Glanz alter Tage, ohne nur eine Sekunde mit einem Staubkorn versehen zu sein.