Dem evangelisch geprägten Privatgelehrten und Dichter Johannes Daniel Falk, selbst einer armen Familie entstammend, bleibt nichts erspart. Mit seiner Frau und seinen Kindern lebt er in Weimar, in der schweren Zeit der napoleonischen Kriege, die mit Verheerungen und Plünderungen durch eine entfesselte Soldateska auch die städtische Zivilbevölkerung nicht verschonen. Falk engagiert sich im öffentlichen Bereich, um das Los der Menschen in dem von den Franzosen besetzten Weimar zu erleichtern, wird sogar zum Legationsrat ernannt.

1813 erfasst der Wirbelsturm des Schicksals die Familie Falk. Vier der sieben Kinder sterben durch die grassierende Typhusseuche, auch der Legationsrat erkrankt, überlebt jedoch. Der schon vorher sozial engagierte Johannes Daniel Falk bricht nicht zusammen, sondern gründet die „Gesellschaft der Freunde in der Not“, mit der er sich fortan um Waisenkinder kümmert. 1815 verfasst dieser Mann trotz unermesslichen Leids, das er erfahren musste, für seine kleinen Schützlinge ein Lied: „O du fröhliche“.



Zur Melodie eines sizilianischen Marienliedes. In den folgenden Jahren sterben auch die drei anderen eigenen Kinder Falks. Zehn Jahre nach der Erstaufführung von „O du fröhliche“, scheidet der „Waisenvater“ nach schwerer Krankheit aus dieser Welt, am Valentinstag. Sein Lied wird eines der bekanntesten Weihnachtslieder im deutschen Sprachraum überhaupt – und ist es bis heute.

Im selben Zeitraum bereichert ein anderes Lied die Weihnachtszeit, das schließlich um die Welt ging. „Stille Nacht“, mit der Melodie des Lehrers Franz Xaver Gruber und dem Text des Hilfspfarrers Joseph Mohr. Uraufgeführt am Heiligen Abend des Jahres 1818, in einer Zeit bitterer Not. Während Gruber gutbürgerlich leben kann, widmet sich Mohr als kärglich bezahlter Priester den Schwächeren in seinen Gemeinden. Von Kindheit an kränklich, erliegt Mohr im Revolutionsjahr 1848 Anfang Dezember in Wagrain einer Lungenlähmung.

Vierzig Jahre nach dem Tod Joseph Mohrs veröffentlicht der oberösterreichische Priester das in Mundart getextete Weihnachtslied „Es wird scho glei dumpa, es wird ja schon Nacht“. Als Melodie verwendet der Krippenspiel-Forscher Reidinger ein Marienlied, dessen Wurzeln bis in das 17. Jahrhundert zurückreichen. Der Dichter dieser oberösterreichischen Weihnachtshymne genießt Ansehen, wird Pfarrer und Dechant, schließlich Ehrendomherr des Linzer Domkapitels. Nicht nur sein „Es wird scho glei dumpa“ gräbt sich in die Chronik ein, sondern auch sein Sterben: Der herzkranke und schon bettlägerige Anton Reidinger schließt am 25. Dezember 1912 im Pfarrhaus Obernberg (Bezirk Ried im Innkreis) seine Augen für immer. Zwei Minuten nach Beginn der Christmette.


Der Dichter von „Alle Jahre wieder“ fällt zwar nicht durch ein außergewöhnliches Schicksal auf. Als Pfarrer im kleinen deutschen Städtchen Ichtershausen im Landkreis Gotha bemüht sich Wilhelm Hey, seiner ärmlichen Gemeinde, die wenige Jahre zuvor von einer Feuersbrunst heimgesucht worden ist, über den bitteren Winter zu helfen. Für den Gottesdienst am Heiligen Abend des Jahres 1837 schreibt er das aufmunternde Gedicht „Alle Jahre wieder“. Eine Vertonung dieses Textes bringt der Komponist Friedrich Silcher 1842 heraus. Auch der Lehrer, Organist und Komponist Ernst Anschütz unterlegt in Leipzig Heys Text mit einer Melodie. Auch wenn diese Version von „Alle Jahre wieder“ nicht zur allgemein gebräuchlichen wird, so schreibt sich Anschütz mit einem anderen Werk in das große Buch der ewigen Weihnachtslieder ein, mit „O Tannenbaum“. Ein Volltreffer, auch international. Wovon englische und französische Fassungen zeugen. Und der US-Bundesstaat Maryland wandelte die Liebeserklärung an den Tannenbaum zu seiner Hymne um: „Maryland, my Maryland“.



Und noch eine positive Facette nach all den menschlichen Dramen. Als einer der amerikanischen und schon traditionellen Beiträge zu der Sammlung Weihnachtslieder gilt der „Little Drummer Boy“, das Lied von einem armen Buben, der dem neugeborenen Jesuskind kein Geschenk machen kann und dafür auf seiner Trommel für das Kind in der Krippe spielt.



Das Werk stammt anders als die meisten anderen bekannten Weihnachtslieder von einer Komponistin: Katherine Kennicott Davis schrieb Text und Melodie dieses Liedes, das besonders Bing Crosby und David Bowie bekannt machte. Das Kind im Stall lächelte dem kleinen Trommler zu. Es ist eines der Geheimnisse von Weihnachtsliedern – sie bewegen die Herzen, lassen uns freundlich lächeln und spenden Trost und Kraft. In einer Zeit, in der die Menschen einst ihr Staunen und ihre Freude über das Ereignis von Bethlehem mit einem „O“ ausdrückten. O du fröhliche. Oder wie es in einem Lied aus dem 18. Jahrhundert heißt: „O Jubel, o Freud“.