Ein safttrinkender Skateboardfahrer auf TikTok hat im Oktober 2020 "Dreams" wieder in die Charts katapultiert. Über 40 Jahre alt ist der Hit von Fleetwood Mac und die Leichtigkeit, die das Lied verströmt, ist ansteckend. Klingt nach Sommer, Sonne, Easy Living und Kalifornien. Wer aber genau hinhört, der hört ihn überlaut, den schmerzhaften Abgesang auf eine zerbrochene Liebe. Die Entstehung der Platte "Rumours" gehört zu den Klassikern im Rockarchiv: Die wochenlangen Aufnahmen 1976 in Sausalito waren eine exzessive Aufarbeitung zweier gescheiterter Beziehungen. Die Platte wurde Kult und die Band war klug genug, allen Ballast musikalisch zu verarbeiten und als Band weiterzumachen. Keine Frage, Fleetwood Mac sind das Vorbild für die fiktive Band Daisy Jones & The Six, die ihre Querelen in zehn Folgen auf Amazon Prime austragen. Dass es mehr um Beziehungen und Liebe, denn um eine Erkundung musikalischer Kosmen geht, dafür genügt ein Blick auf die Produzentenliste: Reese Witherspoon hat sich mit ihrer Produktionsfirma Hello Sunshine gleich nach dem Erscheinen des gleichnamigen Buches von Taylor Jenkins Reid die Rechte gesichert.



1977 löst sich also die Band Daisy Jones & The Six nach einem fulminanten Konzert am Höhepunkt ihres Ruhmes auf. 20 Jahre später blicken die einzelnen Bandmitglieder chronologisch in Rückblicken und Rückblenden auf Werden und Vergehen der Band zurück: Eine aufstrebende Bubenband aus Philadelphia stürzt sich naiv bis waghalsig ins Abenteuer Rockstarwerdung. Währenddessen müht sich die Singer-Songwriterin Daisy Jones (Riley Keough, die Enkelin von Elvis und Priscilla Presley) mit den Ebenen des Musikgeschäfts ab. Karriere? Funkstille. Bis ein findiger Produzent die Protagonisten zusammenspannt. Das wird in den ersten vier Folgen recht langatmig und brav erzählt – es fehlt das musikalische Vibrieren der Zeit, das sich auch aus der unheilvollen Trias "Sex, Drugs and Rock 'n' Roll" speist. Abwarten.

Inspiration für das Buch: Fleetwood Mac
Inspiration für das Buch: Fleetwood Mac © (c) IMAGO/ZUMA Wire (IMAGO/Globe Photos)


Spannender ist da schon der Nucleus der Geschichte, der mit der scheinbaren Abneigung von Frontman Billy Dunne (Sam Claflin) gegen Daisy Jones beginnt. Ihm schwant nämlich schon früh, dass er sein manisches Beharren auf meine Frau, mein Kind, mein Haus nicht lange durchhalten wird. Insofern findet die Serie dann doch noch Anschluss an die immer gleichen höchst evolutionsresistenten Banddynamiken, die zwischen Höhen, Tiefen, Liebe, Hass und Kreativitätsexzessen pendeln. Genau diese chaotische Mischung, die zum Funkenflug führt, die fehlt der Serie aber.

Bewertung: ★ ★ ★ ☆ ☆ (3/5)

„Daisy Jones & The Six“ ist auf Amazon Prime zu sehen.