Wie schauen Glücksritter aus, deren Glauben an das Glück längst aufgebraucht ist? Sie sitzen irgendwo im Nirgendwo in den Weiten Oklahomas vor einer hölzernen Bruchbude und schauen in die Ferne. Von irgendwo dort hinten rauscht eine Kutsche an und spuckt eine feine englische Dame aus, die mit ihrem pinken Rüschenkleid den Maximalkontrast zur limitierten Farbpalette des Kammerspiels auf dieser imposanten Naturbühne aus Wolken, Gras und Himmel darstellt. Keine 100 Meter von ihr entfernt wackelt der gefesselte Ex-Soldat Eli Whipp (Chaske Spencer) halb hängend, halb stehend vor sich hin. Schaut irgendwie alles verdammt verfahren aus. Wiederum keine zehn Stunden hat die Glücksritter das Glück endgültig verlassen, der böse Bube tot, Cornelia Locke (Emily Blunt) und Eli Whipp treten als Schicksalsgemeinschaft ihre Reise Richtung Wyoming an.

Was wir uns merken sollten: Hier werden erstens keine Gefangenen gemacht und zweitens wird hier nicht verhandelt. Die sechsteilige Serie "The English" will nicht mehr sein, als sie eigentlich ist: eine Westernserie. Die unendliche Weite, die Leere der Landschaft, die sich auch in ihren Protagonisten widerspiegelt. Cornelia Locke sucht den Mörder ihres Kindes, Eli Whipp ein Stück Land, das er sich nach seinem Einsatz für die Army erwartet. In beiden wütet die Vergangenheit, die nur schlaglichtartig zum Vorschein kommt, auch, weil die Wortkargheit hier den Ton angibt. Kein Wort zu viel, kein Wort zu wenig.

Auf ihrer Reise treffen sie auf die Guten, auch auf die Bösen, auf die vermeintlich Guten und auf Böse, die vielleicht einmal gut waren. Viel Zeit zum Nachfragen bleibt hier nicht. Die Langwaffe im Anschlag, nur nicht lange fragen, nur schnell schießen. Keine Frage, es ist die Chemie zwischen Whipp und Locke, die sich als leuchtend roter Faden durch dieses endlose Land durchzieht. Ein indigener Ex-Soldat und eine britische Lady, die sich gekonnt jenen Klischees entziehen, die man ihnen in den Westernklassikern zugebilligt hat.

Was sich aber auch durchzieht, durch diese Produktion, die es zunächst langsam angeht, um dann zielstrebig auf den Showdown zuzusteuern: Die Getriebenheit der meisten Protagonistinnen und Protagonisten – die Rache vollenden, den Horror vergessen, endlich anzukommen, die Weite hinter sich zu lassen, die kein Ende zu haben scheint. Für die, die bequem nicht im Sattel, sondern vor dem TV-Gerät sitzen, ist diese langsame Bedächtigkeit ein absolutes Erlebnis. Hier ist ganz eindeutig der Weg das Ziel.

Bewertung: ★ ★ ★ ★ ☆ (4/5)

"The English" ist auf Canal+ zu sehen. 

Der Sender ist als App, aber auch auf A1 Xplore TV, HD Austria sowie Liwest, KabelPlus, Lampert und Sky verfügbar.