Bislang war Coldplay eine einfache Entweder-oder-Angelegenheit: Entweder man liebte den bunten, flockigen, auf allen Ebenen korrekten Stadion-Powerpop von Chris Martin & Co – oder man bekam Ohrenausschlag davon. Diese Love-Hate-Simplizität könnte sich mit dem neuen (Doppel-)Album der Truppe, das heute erscheint, ändern. Denn „Everyday Life“ beinhaltet beides: schmalzigen, pickigen, säuselnden, ärgerlich belanglosen Blubber-Pop. Und hochintensive, musikalisch mutige Stücke, die in ihrer Originalität an die Anfangszeit der Band erinnern.

Vor allem der Song „Arabesque“ zählt zum Besten und Schrägsten, das die Band je aufnahm. Ein flirrendes, orientalisch angehauchtes Stück, das – unterstützt von Femi Kuti und seiner Brassband – in einem krachenden Jazz-Finale mündet. Insgesamt scheint die Band die eigene Größe sattzuhaben. Small is beautiful – wenngleich auch auf „Everyday Life“ das Pathos und die Theatralik nicht zu klein geraten.

Ungewohnte Wege war die Band auch bei der Bewerbung des neuen Werks gegangen. Weltweit wurden geheimnisvolle Poster und Plakate affichiert, die Tracklist des Albums war zuerst in einer walisischen Lokalzeitung veröffentlicht worden. Inhaltlich tut sich hingegen wenig Neues. Chris Martin singt über den tristen Zustand der Welt: Kriege, Flüchtlingskrise, Polizeibrutalität, Nationalismus, Sexismus, Rassismus. Eh wichtig und richtig. Aber auch hier wäre weniger (Botschaft) mehr gewesen. Apropos: Auf Tour möchte die Band erst dann wieder gehen, wenn das klimaneutral möglich ist.

„Everyday Life“ von Coldplay
„Everyday Life“ von Coldplay © Universal