Bei Element of Crime - Wikipedia steckt die 1985 gegründet Band in die Schublade "melancholisch-chanoneske Pop- und Rockmusik - ist es wie mit alten Freunden: Man weiß, dass sie seit Jahrzehnten immer nur Variationen derselben Geschichte erzählen, aber sie tun das so glaubhaft und mit einer so großen Portion intellektuellem Charme, dass man ihnen trotzdem gerne zuhört - und sich immer wieder freut, wenn sie wieder einmal zum Geschichtenerzählen vorbeischauen.

Am Samstag war es wieder so weit (ein zweites Konzert steht am Sonntag im Orpheum auf dem Programm): Die Band rund um Sänger, Gitarrist, Trompeter und Wort-Großmeister Sven Regener legte ihren wetterfesten Song-Kutter am Murufer an und bespielte an zwei Abenden seit Wochen restlos ausverkaufte Konzertsäle. Und das Publikum war über das Wiedersehen der alten Kumpel hocherfreut, zeigte sich von Anfang an textsicher und ließ die Crime-Bande auf der Bühne etwas spüren, was in in diesem Geschäft selten geworden ist: treue, tiefe Verbundenheit.

Diese Sympathie ist offenbar keine Einbahnstraße. Sven Regener, nicht immer ein pflegleichter, handzahmer Zeitgenosse, strahlte von Beginn an höchst zufrieden in die Menschenmenge, kommentierte einzelne Songs mit launigen Zwischenansagen und verabschiedete sich erst nach drei Zugabenblöcken und einem mehr als zweistündigem Konzert in die regennasse Nacht.

Aber dieses Wetter, es passte gut zur zart-bitteren Grundmelodie, die diese Gruppe seit Beginn an in sich trägt. Gepflegte Melancholie mit Rostflecken.  Schön ist das Leben, schlecht ist die Welt. Die Neurosen blühen üppig - und Sven Regener ist der formuliergeniale Landschaftsgärtner. Er startete das Konzert gleich mit einem gemütlichen Sonntagsspaziergang nach dem Weltuntergang aus dem aktuellen Album "Schafe, Monster und Mäuse", das im Mittelpunkt des Programms stand. Neues Material zwar, aber man glaubt die Songs schon ewig zu kennen. Der Element of Crime-Sound -diese abenteuerliche Mischung aus Seemanns-Trunkenheit, Allerweltspoesie, Brecht/Weill-Anmutung und Fassbinder-Ästhetik - ist ab dem ersten Ton unverkennbar und in seiner beharrlichen Weigerung jedweder Veränderung wunderbar störrisch und stoisch.

Die großen Hits bzw. Hymnen, die teilweise Jahrzehnte auf dem Buckel haben, servierte die Band erst im Zugabenblock: Den Ausflug nach "Delmenhorst", das "Weiße Papier", die "Schwere See". Frenetischer Applaus zum Abschied - und die Freude auf ein Wiedersehen. Damit man den alten Freunden wieder beim Gesichtenerzählen zuhören kann. Schwere See, schwere See, mein Herz. Aber das kann alte Seemänner nicht erschüttern. Übrigens, Element of Crime haben ihre Karriere mit englischsprachiger Musik (recht erfolglos) begonnen. Ihre zweite (von John Cale produzierte) Platte trug von Titel "Try to be Mensch". Versuch gelungen, meine Herren!

Die aktuelle CD von Element of Crime: "Schafe, Monster und Mäuse"

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