Eigentlich stellt man sich ein Debüt anders vor: Damon Albarn war am Donnerstagabend nach fast 20 Jahren Bandgeschichte erstmals mit seinen Gorillaz in Österreich. Der Auftritt der virtuellen Comicgruppe in der Wiener Stadthalle gelang dabei nur allzu menschlich: Bei dröhnenden Beats und übersteigerten Arrangements ließ man Nuancen ganz einfach links liegen und bog in den rappelvollen Club ab.

Eigentlich war es ja schon wieder ruhig geworden um das von Britpop-Mastermind Albarn und Zeichner Jamie Hewlett Ende der 1990er erdachte Quartett: Ihre fiktiven Figuren 2D, Murdoc, Noodle und Russel sorgten damals dank liebenswürdig-morbid gestalteter Videos wie zu "Clint Eastwood" und der musikalischen Verquickung von Pop, Hip-Hop und Reggae für internationale Charterfolge und die Erkenntnis, dass ein gutes Konzept nicht zwingend eine physische Entsprechung benötigt.

Denn die ersten Konzerte der Gorillaz sollten noch ganz dem virtuellen Selbstbild entsprechen und dank ausgeklügelter visueller Umsetzung die animierten Gestalten auf diverse Leinwände projizieren. Davon ist heute, nachdem man im Frühjahr eine sechsjährige Pause mit der stark elektronisch geprägten "Humanz"-Platte beendete, kaum etwas zu sehen oder spüren: Kreativkopf Albarn, der vor einigen Jahren auch seine Stammband Blur reaktivierte, umgibt sich stattdessen mit einer Armada an Musikern und lässt die bunten Helden nur noch im Bühnenhintergrund flimmern.

Unbarmherzige Beats

Ein normales Konzert also? Könnte man sagen. Denn wie es sich für eine weltweit erfolgreiche Popband gehört, lieferten die Gorillaz in dieser Reinkarnation übergroßen Pop, der in erster Linie auf die Tanzfläche schielte. Die 12.000 in der Halle versammelten Fans wurden so Zeuge von knalligen "Saturn Barz" oder einem hart gezimmerten "Stylo". Die Beats unbarmherzig, der Bass jegliche Details ins Jenseits befördernd, suchte man die sonst so gern in die Auslage gestellte Vielseitigkeit der Songs mit der Lupe.

Natürlich ging es auch anders, konnte etwa "Andromeda" in seiner Direktheit durchaus überzeugen oder war "Busted and Blue" eine willkommene Abwechslung aus dem ruhigeren Fach. Dass die Gorillaz aber eigentlich immer dann am effektvollsten sind, wenn unterschiedliche Welten aufeinandertreffen (und man dies auch hört), machten die diversen Gaststars deutlich: Die Hip-Hop-Pioniere De La Soul durften zu "Superfast Jellyfish" und einem leider ziemlich übersteuerten "Feel Good Inc." für gute Laune sorgen, und Rapperin Little Simz, die an diesem Abend auch die Anheizerin gab, spielte sich mit ihrer Energie bei "Garage Palace" und "We Got The Power" dermaßen ins Rampenlicht, dass einem Albarn leidtun konnte.

Dieser beließ es in erster Linie bei einigen "Dankeschöns", klatschte relativ unmotiviert Hände in der ersten Reihe ab und sprang dann doch wieder wie von der Tarantel gestochen über seine Bühne. Denn eines war schon klar: Das war seine Show, wie nicht nur ein einzig auf ihn gerichteter Scheinwerfer untermauerte. Spiellaune und Comichelden? Wurden eher ins Abseits gedrängt. Als schließlich die markante Melodie von "Clint Eastwood" das Finale einläutete, waren aber doch alle glücklich - auf wie vor der Bühne. Vielleicht gibt es in Zukunft ja einen etwas motivierteren und weniger durchgeplanten Nachschlag dieser Affenbande.