Sting bringt mit "57th & 9th" sein erstes Album mit neuer Rockmusik seit über einem Jahrzehnt heraus. Vor der Veröffentlichung am Freitag spricht der 65-jährige britische Musiker nun über die Schwierigkeit, Songs zu schreiben, seine Einstellung zur Musik und darüber, warum er wieder Lieder mit Texten zu politischen Themen schrieb.

Vor drei Jahren erzählten Sie von einer Schreibblockade, die Sie erst mit dem Musical "The Last Ship" durchbrochen hätten. Wie kam es, dass Sie wieder Rockmusik schreiben konnten?
STING: Ich glaube, Schreibblockade ist ein ziemlich dramatisches Wort, das nicht so nah an der Realität war, auch wenn ich selbst darüber gesprochen habe. Es gibt eben Zeiten, da ist man auf Tour oder verbringt Zeit mit der Familie - und schreibt nicht. Ich habe gelernt, mein Leben in Abschnitte aufzuteilen. Dieses Album wurde sehr spontan aufgenommen. Ich wollte es in sehr kurzer Zeit machen - zwei Monate. Und das Album hat eine einfache Energie in sich, die es nicht gehabt hätte, wenn ich mir mehr Zeit genommen hätte.

Waren Sie nach zwölf Jahren wieder hungrig darauf, Rock-Songs zu schreiben?
STING: Für mich ist das wichtigste Element in der Musik - in jeder Art von Musik, egal ob Klassik, Rock oder Pop - die Überraschung. Ich will in den ersten sechzehn Takten überrascht werden. Das gilt auch für meine eigene Musik. In den vergangenen zehn, zwölf Jahren habe ich Alben gemacht, die eher esoterisch waren. Ich folgte einfach meiner Neugier. Vielleicht haben die Leute jetzt mit mehr davon gerechnet. Aber ich wollte sie überraschen, damit sie sagen: Oh, das habe ich jetzt nicht erwartet.

Sie haben also alle Songs in zwei Monaten geschrieben?
STING: Wir haben im Studio in New York herumexperimentiert, und dann lief ich nach Hause und versuchte, eine Geschichte dazu auszudenken. Manchmal habe ich mich draußen in der Kälte hingesetzt und ging erst rein, wenn ich einen Song fertig hatte. Dieser Druck half. Manchmal ist mein Leben zu bequem. Für den künstlerischen Prozess muss man die Komfortzone verlassen.

Sie haben seit den 80er-Jahren nicht so viele Songs mit politischen Themen auf einem Album gehabt. Warum jetzt wieder?
STING: Ich bin ein Bürger. Ich weiß, was auf der Welt los ist. Wenn man zu schreiben anfängt, drängen sich diese Sachen von alleine auf. Einer der Songs handelt von der Flüchtlingskrise, der andere vom Klimawechsel. Das sind Dinge, die vielen Menschen Sorgen machen.

Können Ihre Fans damit etwas anfangen?
STING: Die Flüchtlingskrise wird vom Krieg befeuert. Von dem Krieg in Syrien. Aber alle Waffen, die sie dort anwenden, werden produziert in Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Russland, Amerika. Die Syrer fliehen vor der Gefahr. Die Afrikaner fliehen vor der Armut. Irgendwann werden sie vor den Folgen des Klimawandels fliehen. Ich glaube nicht, dass die Krise verschwinden wird.

Sehen Sie eine Lösung für das Problem?
STING: Ich kenne nicht die Antwort darauf. Ich weiß nur, dass sie auf Mitgefühl aufbauen muss. Dem Verständnis, dass wir selbst in diesen Booten sein könnten. Ich könnte ein Vater und Ehemann mit meiner Familie in einem dieser Boote sein. Es ist wichtig, sich das vorzustellen. Sie sind Menschen wie wir und sie verdienen es, in Sicherheit zu sein. Aber wie man das politisch erreichen kann - ich weiß es nicht, um ehrlich zu sein.

Aber Sie glauben, dass Songs Menschen zum Nachdenken darüber anstiften können?
STING: Ich glaube, dass Lieder eine Saat ausbringen können. Ich denke nicht, dass ein Song die Welt verändern kann, so naiv bin ich nicht. Aber man kann einen Song einer Gruppe von Leuten vorsingen, und vielleicht wird einer von ihnen später Präsident.

Konzert im Pariser Bataclan

Es dauerte nur eine knappe halbe Stunde, bis die Tickets weg waren: Das Konzert des britischen Rockmusikers Sting zur Wiedereröffnung der von einem Anschlag getroffenen Pariser Konzerthalle Bataclan am Samstag ist ausverkauft. Der Verkauf der 1.000 Karten habe "weniger als 30 Minuten" gedauert, teilte der Veranstalter am Dienstag mit.

Ins Bataclan passen rund 1.500 Gäste, ein Teil der Plätze war aber für Überlebende und Angehörige der Opfer des Anschlags reserviert. Das Konzert findet einen Tag vor dem Jahrestag der Anschläge des 13. November 2015. Sting erklärte in der vergangenen Woche, er wolle das Andenken an die Opfer des Attentats in Ehren halten. Die Einnahmen aus den Konzertkarten sollen an zwei Vereine gehen, die sich für Opfer und Hinterbliebene der Anschläge einsetzen: Life for Paris und 13 Novembre: Fraternité und Vérité.

Am 13. November 2015 hatten islamistische Angreifer bei einer Anschlagsserie in der französischen Hauptstadt 130 Menschen getötet, davon 90 im Bataclan. Rund 400 weitere Menschen wurden verletzt, neun von ihnen werden noch immer im Krankenhaus behandelt.

Der bekannte Musikclub im Osten von Paris war nach dem Anschlag geschlossen und umfassend saniert worden. Das vorherige Aussehen wurde dabei nicht verändert. Am Tag nach dem Sting-Konzert, also am Jahrestag der Anschläge, soll laut Pariser Stadtverwaltung am Bataclan eine Gedenktafel errichtet werden.

Zunächst hatte das Bataclan sein erstes Konzert für den 16. November angekündigt: Der britische Skandalrocker Pete Doherty tritt am 16. und 17. November auf, gefolgt von Rock-Legende Marianne Faithfull am 25. November. Bis zum Frühjahr sind bereits mehr als 20 Konzerte geplant, unter anderen treten der Senegalese Youssou N'Dour und die Tuareg-Band Tinawiren aus Mali auf.