Die negativen Konzertkritiken der „Anti“-Welttournee ließen Schlimmes für Rihannas Wien-Auftritt am Dienstagabend in der Stadthalle vermuten. Und so sehr man es der jungen Schönheit aus Barbados auch vergönnt hätte: Nach 90 Minuten Haare zupfen, Hüften schwingen und sich-vom-Publikum-anhimmeln-lassen stand fest: Das war nix. Der Superstar wirkte über weite Strecken abwechselnd lustlos und unsicher, das grausame Halbplayback machte die Sache nicht besser.

Dabei hatte alles so schön begonnen: Wie vom Management im Vorfeld eingefordert kamen die meisten Besucher brav ohne größere Taschen, die wie gefühlte einhundert andere Dinge auch aus Sicherheitsgründen verboten waren. Rund 13.000 Fans füllten die Stadthalle gut aus - bitter nur, dass Rihanna ursprünglich für das Ernst-Happel-Stadion mit rund 50.000 Plätzen vorgesehen war.

Gegen 21.35 Uhr (und mit mehr als 30 Minuten Verspätung) betrat die 28-Jährige schließlich eine weiß umrahmte Bühne mitten im Publikum - und erlöste so einen Lichttechniker von seinen fünf Minuten Ruhm. Der Mann saß fatalerweise genau über der beleuchteten Bühne, seine baumelnden Füße hielten viele Fans für die des Superstars. Kreischalarm. Rihanna selbst begann ihren Auftritt in einem schrägen Outfit, optisch eine Mischung aus Einhorn, Domina und Yeti. Der Superhit "Stay", wie das ganze Konzert zur Hälfte vom Band eingespielt, offenbarte dann das wahre Drama des Abends. Sowohl das Playback als auch Rihanna live klangen seltsam verzerrt und schrill. Für das radioverwöhnte Publikum ein gewöhnungsbedürftiger Sound.

Sexy Tänze

Über einen gläsernen Steg tanzte sich Rihanna zur eigentlichen Bühne, und lüftete erstmals an diesem Abend ihre tief in die Stirn gezogene Kapuze. Sogleich begann sie, nervös ihre ohnehin perfekt sitzenden Haare glatt zu streichen. Nicht das einzige Mal an diesem Abend, dass die Sängerin mit ihrem Haupthaar unzufrieden zu sein schien. Immer wieder fuhr sie sich durchs Haar, zupfte und zerrte, wirkte schlicht unsicher wie ein junges Mädchen. Völlig konträr dazu die permanenten obszönen Gesten / sexy Tänze, die das junge Publikum im Minutentakt zum Kreischen animierten.

Was man der 28-Jährigen nicht absprechen kann, ist ausgesprochenes Bewegungstalent. Egal ob aufwändige Choreografie oder Räkeln am Bühnenrand, da sitzt jede Handbewegung. Von den Tönen kann man das leider nicht behaupten. Das Playback wurde offensichtlich der Live-Qualität von Rihannas Stimme zu gut angepasst - egal, wo sich das Mikro auch befand, das Konzert plätscherte als musikalischer Einheitsbrei dahin. Höhepunkte? Mangelware. Auf eine spontane Gefühlsregung der Sängerin wartete man bis zur letzten Minute vergebens. Wenn Rihanna Spaß an ihrem Auftritt hatte, verbarg sie das bestens.

Krampus und Schaumberge

Über die fehlende musikalische Qualität des Konzertes konnten auch die großartigen Effekte - ein riesiger kippender Spiegel, aufwändige Projektionen, sich hebende und senkende Bühnenelemente - nicht hinwegtäuschen. Rihanna quälte sich durchs Playback, bei manchen Songs fiel es gar nicht auf, dass sich die Sängerin zum Umziehen zurück gezogen hatte. Viermal wechselte Rihanna in 90 Minuten ihr Outfit. Auf den weißen Yeti-Umhang folgte ein hautenger, sandfarbener Jumpsuit, darauf eine braune Mönchskutte und ein merkwürdig zotteliges Etwas, das den gelernten Österreicher sogleich an einen Krampus denken ließ. Lustig, dass Rihanna ausgerechnet jetzt ihren Song "Man Down" anstimmt: "Rum bum bum bum, rum bum bum bum..."

Zum Tanzen und Mitsingen animieren in Wien vor allem Rihannas ältere Hits wie "Umbrella" oder "Diamonds". Bei letzterem beginnt massenweise Schaum über eine Stoffbahne am hinteren Ende der Bühne zu fließen. Sieht kurz gut aus, nach drei bis vier Songs aber irgendwie ekelhaft. Auch beim Cover von "FourFiveSeconds" rinnt der Schaum, ebenso bei Rihannas Abgesang zu "High". Nach minutenlangem Winken, Bussis in die Menge werfen, Stofftiere absammeln und sogar Autogramm schreiben (Sympathie-Punkte!) verlässt der Superstar die Bühne pünktlich um 22.55 Uhr. Ohne Zugabe. Zurück bleibt ein Haufen Schaum. Irgendwie symptomatisch für den Abend.