Der Ton im systembedingt konfliktreichen Anspruchsdreieck zwischen Ordnungspolitik, öffentlich-rechtlichem Rundfunk und privaten Medien wirkt schriller denn je. Sämtliche Beteiligte stehen vor den größten Herausforderungen seit 1945. Wer diesen Befund einerseits mit Ibiza, Corona und Ukraine, zum anderen mit brüchigen Geschäftsmodellen, neuen Informationsquellen und digitaler Transformation unterlegt, bleibt an der Oberfläche. Darunter liegen demokratiegefährdende Veränderungen wie der rasante Vertrauensverlust in Institutionen – vor allem Politik und Medien.

Unter diesem Aspekt ist jenes Gesetzespaket zu bewerten, das vom Papiertod der „Wiener Zeitung“ bis zur ORF-Novelle für Empörung sorgt. Es wirkt als bedrohliches Indiz für das Medienverständnis der ÖVP, den machtgeschuldeten Gewissensverlust der Grünen und über diese Regierungskoalition hinaus – in abgestufter Weise – die Ignoranz aller Parteien. Zugespitzt lautet ihre Botschaft an alle journalistisch basierten, kritisch kontrollierenden Redaktionen: „Wir brauchen euch nicht (mehr)!“

Es war kein Ausrutscher, als Karl Nehammer in der „ZIB2“ Martin Thür einzuschüchtern versuchte. Nach Rückholung von Sebastian Kurz‘ Kommunikationsguru Gerald Fleischmann zeigte der ÖVP-Kanzler seine neue Haltung. Dass FPÖ-Chef Herbert Kickl Ungarns Viktor Orbán nachahmen will, gilt ohnehin längst als Normalfall. Wie SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner lieber in oe24.tv auftrat als sich im ORF befragen zu lassen, kehren einäugige Beobachter ebenso unter den Tisch wie das grüne Einverständnissignal zur Budgetfinanzierung des ORF. Die Abwendung von journalistischen Medien hat nur begonnen mit der FPÖ. Sie ist heute uneingestandener Mainstream der Parteien.

Das zeigt sich auch an zunehmenden Verweigerungen: Ministerin Susanne Raab stellte sich nur einem Interview – im ORF, dessen Sein sie mit Milliarden Euro fortschreibt. Sein General Roland Weißmann hielt es ebenso. Im Gegenzug fördern alle Parteien durchwegs ihre neuen eigenen PR-Kanäle. Das reicht vom deklarierten FPÖ TV über „Kontrast“ der SPÖ bis „Zur Sache“ der ÖVP.

All den Bestrebungen gemeinsam ist die Umgehung der kritischen Hinterfragung von Politik. Parteien wollen sich lieber bloß verkünden. Doch sie entziehen damit der Demokratie den Boden. Denn diese basiert auf der öffentlichen Auseinandersetzung. Wenn die Parteien bemerken, dass sie durch solche Einweg-Kommunikation auch ihr eigenes Fundament zerstören, ist es zu spät – für die Demokratie.