Der ORF wird künftig von allen bezahlt: Eine Haushaltsabgabe unabhängig vom Empfang und von Empfangsgeräten löst die GIS ab 2024 ab. Dafür sollen fast alle Haushalte künftig einen "ORF-Beitrag" von 15 Euro im Monat zahlen.

Konkret gilt ab 1. Jänner 2024:

  • An jedem Hauptwohnsitz müssen monatlich rund 15 Euro ORF-Beitrag im Monat bezahlt werden
  • Bundesabgabe und Umsatzsteuer fallen weg, die Länderabgaben bleiben
  • Reine Nebenwohnsitze sind ausgenommen
  • Wer von der GIS befreit ist, muss auch den ORF-Beitrag nicht zahlen
  • Rund 400.000 Haushalte müssen nun neu für den ORF zahlen. Für die 3,2 Millionen derzeitigen GIS-Zahler wird es günstiger - es sei denn, sie zahlen nur das deutlich niedrigere Radioentgelt
  • ORF Sport+ und Radio Symphony Orchester sollen fortbestehen - in welcher Form und von wem bezahlt, ist offen

Der ORF soll auf der anderen Seite einsparen. Neben dem Sparpaket im Umfang von 325 Millionen Euro werden laut Raab "unübliche" und "sehr ausufernde" Sonderprämien, -privilegien, -zulagen sowie "horrende Abfertigungen" vor allem bei alten Verträgen angegangen. Auch müssen künftig etwa Nebenbeschäftigungen und Zulagen offengelegt werden.

Insgesamt müsse es zu "fairen Bedingungen" im ORF kommen, sagt Raab. Auch dass der Öffentlich-Rechtliche seine Mitarbeiter aufgrund einer gesetzlichen Sonderregelung unendlich lang in Kettenverträgen halten darf, könne man sich in Verhandlungen ansehen. Bisher war das im Gegensatz zu Sonderprämien und Co. offenbar nicht Thema, grundsätzlich sieht die Ministerin hier den ORF gefordert.

Keine Kontrollen

"Fair, transparent und günstiger" nennt Grünen-Klubobfrau Maurer die neue Lösung. Immerhin würden soziale Befreiungen weiterhin bestehen, die Höhe des Beitrags der Kontrolle der Regulierungsbehörde unterliegen und die Gebühr niedriger geworden. Durch Wegfall von Umsatzsteuer und Kunstförderbeitrag, künftig aus dem Budget gedeckt werden soll, sei es möglich, dass der ORF-Beitrag für alle, die schon bisher GIS gezahlt haben, billiger wird, erklärt Raab.

Die GIS wird abgeschafft, Kontrollen soll es nicht mehr geben, da dies "kein zeitgemäßes System mehr" sei, erklärte Raab. Stattdessen gilt: Wer bereits einen Dauerauftrag hat, dem wird künftig einfach weniger vom Konto abgezogen. Alle anderen Haushalte erhalten Erlagscheine in der neuen Höhe zugeschickt. Die 400.000 Haushalte, die bis jetzt noch nicht für den ORF bezahlt haben, sollen vom Öffentlich-Rechtlichen selbst kontaktiert und informiert werden.

Das ORF-Radiosymphonieorchester (RSO) soll doch nicht aufgelöst werden, einen genauen Plan gibt es aber noch nicht. Beim Spartenkanal ORF Sport+ sollen die "Inhalte erhalten bleiben" - in welcher Form, bleibt dem ORF überlassen.

Bisher 18,59 Euro für den ORF

Bisher beträgt die GIS (Programmentgelt inklusive Umsatzsteuer und Kunstförderung) 22,45 Euro im Monat. Der ORF erhält derzeit 18,59 Euro pro Monat und Haushalt. Billiger kamen bisher Personen, die nur Radio gehört haben und keinen Fernseher hatten. Sie zahlten nur 5,47 Euro Radioentgelt. Die nun beschlossenen rund 15 Euro im Monat gelten aber auch für sie.

Dazu kommen in sieben von neun Bundesländern noch die Landesabgaben (bis auf OÖ und Vorarlberg). Da die Abgaben nun von mehr Personen geschultert werden, könnten die Länder die Höhe pro Kopf senken - oder sich über Mehreinnahmen freuen. In der Steiermark könnte der Betrag bei 400.000 neuen Gebührenzahlern pro Kopf von 6,20 Euro auf 4,79 Euro sinken, in Kärnten von 5,10 Euro auf 4,18 Euro - und die Länder hätten dennoch dieselben Einnahmen.

ORF begrüßt, andere kritisch

ORF-Chef Roland Weißmann begrüßte am Donnerstag "das Bekenntnis der Bundesregierung zu einer nachhaltigen Neuregelung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks". Der "ORF-Beitrag" sei eine solidarische Lösung, aber auch Verpflichtung, "noch stärker zu einem ORF für alle zu werden - mit mehr Programmangeboten für alle Menschen in Österreich."

SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried vermisst hingegen "eine sozial gerechte ORF-Finanzierung". Es könne nicht sein, dass eine Studentin gleich viel zahlt wie eine Villenbesitzerin. Die Regierung habe sich lediglich auf Überschriften geeinigt, viele Fragen seien offen, so Leichtfried. In dasselbe Horn bläst die FPÖ, es sei nur "heiße Luft" gegeben. Die Haushaltsabgabe sei "nichts anderes als eine ORF-Zwangssteuer, mit der ÖVP und Grüne der ohnehin schon inflationsgeplagten Bevölkerung noch ungenierter in die Tasche greifen", so FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker. "Nur die Haushaltsabgabe einzuführen und dem ORF einen Sparkurs zu verordnen", reicht den Neos nicht aus, "um den ORF endlich ins 21. Jahrhundert zu holen". Raab habe keine Reform, keine Entpolitisierung geliefert, nur eine andere Art der Finanzierung.

Enttäuscht zeigte sich die Bundesjugendvertretung (BJV): Der neue ORF-Beitrag sei de facto eine "Jugendsteuer", teilte BJV-Co-Vorsitzender Julian Christian mit. Immerhin würden Jugendliche kaum klassisches Fernsehen konsumieren und seien überdurchschnittlich stark von der Teuerung betroffen: "Jetzt werden weder Ausnahmeregelungen für Jugendliche noch die schlechten Arbeitsbedingungen für junge Journalistinnen und Journalisten im ORF von der Regierung thematisiert. Das finden wir bedauerlich".

Überraschte ORF-Führung

Die Ausgangslage war seit Wochen bekannt: Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) arbeitet mit den Grünen als Reaktion auf eine Verfassungsgerichtshoferkenntnis an einer ORF-Finanzierung. Die ORF-Führung dürfte durch die Präsentation düpiert worden sein: Dem Vernehmen nach wussten die heute tagenden ORF-Stiftungsräte nichts von der Verlautbarung der Bundesregierung.

Notwendig wurden neue Rahmenbedingungen für die ORF-Finanzierung durch einen Entscheid des Verfassungsgerichtshofs im vergangenen Sommer, wonach auch die Streamingnutzung von ORF-Angeboten ab 2024 kostenpflichtig sein müsse. Bisher waren die ORF-Angebote ausschließlich für Streamingnutzer kostenlos.

"Der richtige Mann zur richtigen Zeit"

Für ORF-Chef Roland Weißmann ist der 23. März damit immerhin ein Tag der Klarheit: Mit deutlicher Mehrheit, 34 Stimmen dafür, eine dagegen, bestellte der Stiftungsrat Alexander Hofer zum neuen ORF-Landesdirektor in Niederösterreich. "Der richtige Mann zur richtigen Zeit", lobt Weißmann den scheidenden Channel-Chef von ORF 2, dessen Nachfolge am Küniglberg noch offen ist. Für den ORF geht es dabei um viel, für Weißmann ist ORF 2 das "Flaggschiff der TV-Flotte".

Für das niederösterreichische Landesstudio sei es, so Weißmann euphemistisch, "eine exponierte Zeit". Hofer soll wieder Ruhe ins Landesstudio bringen: "Jetzt ist einmal die Zeit, mit den Kolleginnen und Kollegen zusammenzukommen." Er wolle sich ein Bild machen, "die eine oder andere Verwerfung" überwinden. Das Landesstudio möchte er als Plattform weiterentwickeln und auch Kontroversielles zulassen: "Wir wollen das Land bestmöglich abbilden."