Irgendwie drängt es sich in dem Moment auf, dass man an Roy Blacks Schlagerschmonzette "Ganz in Weiß" denken muss. Einerseits, weil Pamela Anderson, einmal abgesehen von Archivaufnahmen, beständig in Weiß gekleidet ist, andererseits hat sie ebenso ein Faible für Hochzeiten. Fünf Ehen hat sie hinter sich, aber die wahre Liebe, die kann sie schnell ausmachen, die heißt Tommy Lee und wird diese knapp zweistündige Doku dominieren. Über die Ausgangslage für die Doku, die unter anderem von ihrem Sohn mitproduziert wurde, braucht man nicht spekulieren, sie liegt klar auf der Hand. Pamela Anderson holt sich hier nicht weniger als ihr Leben zurück. In der klassisch angelegten Doku aus Interviews und Archivmaterial erzählt die heute 55-Jährige von einem Leben, das auf weiten Strecken wie eine schräge Inszenierung der 1990er-Jahre klingt: Von einer Frau, die es nie aus der Sexsymbolfalle herausgeschafft hat. "Meine Brüste hatten eine Karriere und ich hing nur dran", wird sie irgendwann mal in der Doku sagen.

Der Vater Alkoholiker, das Kindermädchen übergriffig, eine Vergewaltigung im Alter von zwölf Jahren, der Täter war 25: "Ich hatte das Gefühl, es war meine Schuld. Ich habe versucht, es zu vergessen". All das erzählt sie bisweilen sogar mit einem heiteren Unterton, als müsste sie das Geschehene immer ein wenig entschärfen. Von einer Blitzkarriere, die kurz danach startete, als sie bei einem Footballspiel auf der Videowall auftauchte. Von Hugh Hefner über Baywatch bis hin zu Tommy Lee. Von hier aus ist es dann nicht weit zum berühmten Sextape, das einem Handwerker in die Hände fiel, nachdem er einen Tresor aus dem Haus des Paares geklaut hat. Das Tape mit Filmaufnahmen aus den Flitterwochen wurde zunächst millionenfach als Raubkopie auf VHS-Kassetten verschickt und landete danach in einem Verteilerzentrum, das gerade in den Kinderschuhen steckte, aber nicht zuletzt durch das Tape in Windeseile erwachsen wurde – das Internet.

Alles das wird nun endlich aus ihrer Sicht erzählt: Dass sich nicht nur viele an ihren privatesten Momenten bereicherten, sondern sie in einer medialen Hetzjagd zur Sexpuppe degradierten – und das bis heute: "Ich war die Pointe in vielen Talkshows und das war demütigend." Jenen Gerichtsprozess nicht zu vergessen, in dem man sie tagelang vorführte. Das Geld haben sich andere eingeschnitten, Tommy Lee festigte seinen Ruf als potenter Skandalrocker und Pamela Anderson wurde zur Bitch.

Das Video wabert naturgemäß nach wie vor durch das Netz, das bekanntlich nichts vergisst. Die Disney+-Serie "Pam & Tommy" hat im Vorjahr den Bodensatz neuerlich aufgewühlt. Und wieder war Pamela Anderson hier nur Zaungast. In der Doku holt sie selbst die Videokassetten raus – das Paar hat jede nur erdenkliche Belanglosigkeit seines Promilebens gefilmt – und zieht Bilanz. Das ist alles andere als spektakulär, aber ermöglicht einen guten Blick auf jene Mechanismen, die hier eine Frau zum Spielball ökonomischer und medialer Gossip-Interessen gemacht haben. Tommy Lee, der ja während ihrer Ehe auch gewalttätig war, steigt auch hier wieder einmal gut aus. Das erinnert ebenso an einen Klassiker: Der Dodl hat bekanntlich das Glück.

Bewertung: ★ ★ ★ ☆ ☆ (3/5)

Die Doku ist auf Netflix zu sehen.