Es war eine dramaturgisch gut gesetzte Ankündigung, mit der am Donnerstagabend niemand gerechnet hatte: ORF-Chef Roland Weißmann kündigte bei den Österreichischen Medientagen eine Reduktion der Nachrichtenmeldungen auf der Website orf.at an. Die „blaue Seite“ ist seit Jahren Zankapfel zwischen den Zeitungsverlegern und dem ORF. Die Debatte hatte sich zuletzt rund um die geplante ORF-Digitalnovelle nochmalszugespitzt. In der Kritik steht die „zeitungsähnliche Ausgestaltung“ der Webseite, wie es VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger definierte. Unbestritten ist orf.at die mit Abstand beliebteste Nachrichtenseite des Landes: 5,1 Millionen Nutzerinnen und Nutzer hatte das Angebot laut Webanalyse (ÖWA) im Juni. Das sind 73 Prozent der internetaktiven Bevölkerung, die das durch gebührenfinanzierung kostenlose Angebot nutzen, während heimische private Medienhäuser mit ihren digitalen Aboangeboten um neue Nutzerinnen und Nutzer ringen.

NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter forderte in einer Streitschrift im August sogar die Abschaffung von orf.at: „Retten wir die Medienvielfalt. Drehen wir orf.at ab!“ Nun zeigt sie sich zufrieden, „dass der ORF unter Weißmann endlich in die Debatte einsteigt und sich den privaten Medienunternehmen annähert“; nun sei aber auch eine generelle Debatte zu führen: „Was soll und muss der ORF leisten und was wiederum nicht? Wie wird er finanziert? Wie schaffen wir einen wirklich unabhängigen, entpolitisierten ORF?“
Während die Ankündigung Weißmanns bei den Verlegern positiv aufgenommen wurde, haben die Redaktionsvertretung und der Betriebsrat von orf.at in einem Schreiben an Weißmann gegen die Reduktion protestiert. Laut „Standard“ habe die Belegschaft davon aus den Medien davon erfahren.