Der durchschnittlich informierte Bürger muss weder wissen, was die RTR Medien macht noch wer ihr Geschäftsführer ist. Das gilt auch für den ORF-Stiftungsrat und seinen Vorsitzenden. Doch für Steuer- und Gebührenzahler ist es interessant, wer wie über die Verwendung von zwei Dritteln der Euro-Milliarde an GIS wacht (den Rest erhalten Länder und Finanzminister). Das gilt auch für die RTR, der größten Förderstelle für Medien. Ihr Chef vergibt 60 Millionen pro Jahr. Entsprechend groß war der Wirbel um den neuen ORF-Stiftungsratschef Lothar Lockl. Denn der Präsidentenberater, eine graue Eminenz der Grünen, wurde per Sideletter zur Koalitionsbildung ausgemacht. Paragraf 1 des ORF-Gesetzes besteht aber auf „Unabhängigkeit von Personen und Organen des Österreichischen Rundfunks“. Wo kein Kläger, da kein Richter. Papier ist geduldig.

Die RTR Medien auch. Ihr erster Leiter von 2001 bis 2017 war Privatradiopionier (Antenne Steiermark) Alfred Grinschgl. Als Nachfolger empfahl eine Kommission im Kanzleramt den Verlagsmanager und Journalisten Sebastian Loudon. Doch Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) bevorzugte den nachgereihten Oliver Stribl, der nun zur Wien Holding gewechselt ist. Loudon bewarb sich erneut. Er wurde nicht einmal zum Hearing eingeladen. Das Kanzleramt verweist auf Personalberater. Sie aber berufen sich auf die Hearing-Kommission.

Die kritische Hinterfragung der Rolle von Personalberatern im öffentlichen Bereich wirkt überfällig. Dass der 2017 erstgereihte Loudon heute keine Anhörung wert sein soll, ist Rufschädigung. Aber nicht für den Verschmähten. Seine Kompetenz ist unbestritten. Doch die Republik desavouiert sich als Arbeitgeber (hier indirekt). Die parteiliche Packelei, wie Lockl sein Ehrenamt bekommen hat, ist so abstoßend wie die Heimlichkeit, die Loudon nicht in Frage kommen lässt.

Gewordene wie Verhinderte werden dadurch im Ansehen beschädigt – als vermeintliche Günstlinge oder Feindbilder. Ohne radikale Änderung dieses Systems wird es kaum noch unabhängige qualifizierte Bewerber für exponierte öffentliche Stellen geben. Das ist Demokratiegefährdung. Denn es rüttelt an der Qualität von Behörden.