Das Signal ist klar. 50 Tage nach der Wahl von Roland Weißmann zum ORF-General beschließt der Ministerrat den Fahrplan für die seit Jahren überfällige Novelle des Rundfunkgesetzes. Rückenwind für den neuen Chef ab 2022. Unübersehbar ist aber auch der gewohnte Sand im Getriebe der Regierungskommunikation: Das Handeln hält mit dem Reden nicht Schritt. Eine Terminabfolge zu verkünden statt inhaltlich zu entscheiden, ist lediglich ein marktschreierischer Akt der Selbstbeschwörung. Die Bremsklötze für den Vorsatz werden am 14. Oktober deutlich. Dann beschließt der ORF-Stiftungsrat neue GIS-Tarife auf Antrag von Noch-General Alexander Wrabetz. Zeitgleich erscheint die Media-Analyse, das Reichweiten-Zeugnis für Zeitungen. Sie sind die Mit- oder Gegenspieler bei der angekündigten Gesetzesnovelle für einen digitalen ORF.

Die Interessen von Verlegern und öffentlichem Rundfunk abzugleichen, ist ein hartes politisches Brot. Doch statt es zähneknirschend zu schlucken, wird sein Kauen – nicht erst von der aktuellen Regierung – allzu oft und lange schon vermieden. Es fehlt ein zeitgemäßer Rahmen für Konkurrenz und Kooperation. Dieses Nachhinken vor allem gegenüber globalen Entwicklungen schadet der Wettbewerbsfähigkeit des gesamten österreichischen Medienmarkts. Dabei geht es nicht nur ums Schlägern von austriakischem Kleinholz sondern auch ums Drehen am europäischen Rad.

Bei den Nachbarn warnt Verlegerpräsident Mathias Döpfner soeben eindringlich vor einer Regierungspause. Das könne sich Deutschland angesichts der aktuellen Verhandlungen um den Digital Markets Act in Brüssel nicht leisten. In Österreich gesteht unterdessen Heinrich Neisser im neuen Demokratiebefund der Regierung ein durchaus beachtliches Programm zu. Doch im Gegenzug bemängelt der ehemals Zweite Nationalratspräsident (ÖVP) die Umsetzungsfähigkeit und -geschwindigkeit der Koalition. Sinngemäß: Das Stück ist gut, das Spiel ist schlecht.

Besonders ärgerlich an dieser exekutiven und legistischen Prokrastination wirkt der Tempounterschied zu den medienpolitischen Selbsthilfegruppen der Koalition. Nach „Zur Sache“, dem im Februar gestarteten digitalen Tagesmedium des ÖVP-Klubs, will die Grüne Akademie 2022 mit Ähnlichem online gehen. Solche von FPÖ und SPÖ schon länger betriebenen PR-Plattformen bekämpfen nicht nur den politische Gegner sondern auch die parteispezifische Kritik etablierter Medien – vom ORF über die Zeitungen bis zu den Privatsendern. Botschaft: Wir sind die Guten! Nein, das sind auch Türkisgrün im Mediensektor bisher nicht.