
Man bekommt eine Ahnung, wie dünn das Nervenkostüm bei einigen Führungskräften am Küniglberg sein muss. 2021 ist für den ORF das Jahr der individuellen und der unternehmerischen Entscheidung. Einerseits durch die Wahl des Generaldirektors, andererseits durch die anstehende Novelle des ORF-Gesetzes, das die Richtung vorgeben wird, in die sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in den kommenden Jahren technologisch entwickeln darf.
Alexander Wrabetz, Chef des Eine-Milliarde-Euro-Dampfers ORF, ist auf Twitter zurückhaltend. Hin und wieder ein Verweis auf eine Quotenmeldung, manchmal auf einen Medienbericht. Auf den meinungsstarken Auftritt in der Austro-Twitteria verzichtet der 60-Jährige für gewöhnlich.
Umso auffälliger, wenn der Generaldirektor einmal so eifrig in die Tasten greift wie am Mittwoch. Anlass war eine ÖVP-kritische "Spiegel"-Geschichte über Österreich in der Krise mit dem Titel "Symptome gravierenden Systemversagens". Stefan Kappacher, ORF-Redakteur mit eigener Mediensendung ("#doublecheck" auf Ö1), teilte den Beitrag auf Twitter mit dem Zusatz: "Ibiza, Wirecard, BVT & ein hartes Urteil vom @derspiegel über Österreich". So weit, so unspektakulär.
Alexander Wrabetz antwortete Kappacher mit einem Hinweis: "wäre auch interessant für doublecheck wieso deutsche Medien ausrücken um aus Multioganversagen [sic] deutscher Behörden bei wirecard versuchen eine österreichische Provinzposse zu zimmern..".
Kappachers Entgegnung kam prompt: "Der Spiegel hat keine Posse gezimmert sondern einen sehr besorgniserregenden Zustand geschildert. Bei allem Respekt. Und #doublecheck läuft wieder am 5.2. auf dem wunderbaren Sender @oe1 Wir sind für jeden klugen Input dankbar."
Der Spiegel hat keine Posse gezimmert sondern einen sehr besorgniserregenden Zustand geschildert. Bei allem Respekt. Und #doublecheck läuft wieder am 5.2. auf dem wunderbaren Sender @oe1 Wir sind für jeden klugen Input dankbar.
— Stefan Kappacher (@KappacherS) January 27, 2021
"Bei allem Respekt" und "klugen Input" - die von Stefan Kappacher kaum verdeckte Kritik am Hinweis von Alexander Wrabetz lässt diesen in einem Tweet, der mittlerweile wieder gelöscht wurde, antworten:
Auch Kappachers weitere Antwort ist mittlerweile von Twitter verschwunden: "Zur Klarstellung. Das ist mir wichtig. Wir reden hier über politische Abgründe in Österreich und definitiv nicht über unternehmensinterne Angelegenheiten. Gäbe es redaktionsinterne Angelegenheiten zu besprechen, dann tue ich das mit meinem Chefredakteur."
Damit war die Diskussion zumindest auf Twitter beendet. Den Mitlesenden bot sie das Bild größter Nervosität: Nur bloß im Schicksalsjahr 2021 keinen Fehler machen.
Wrabetz hält an Klien-Show fest
Auch in einer anderen Sache äußerte sich Wrabetz auf Twitter. Auf eine entsprechende Frage eines Twitter-Users antwortete der ORF-Generaldirektor: "keine Sorge. Klien bleibt Thema waren ja nicht Interventionen sondern zu geringes Publikum! mit richtigem Sendeplatz und neuem Konzept wird Peter Klien neu starten und in 12 Jahren wie jetzt wkö 500.sendung feiern". Die Rückkehr von Klien hatte vor wenigen Tagen auch ORF 1-Channelmanagerin Lisa Totzauer gegenüber der Kleinen Zeitung angekündigt. Die Rede ist von einer reformierten Version, „die leichter in der Anmutung und weniger gepresst daherkommt".
keine Sorge.Klien bleibtThema waren ja nicht Interventionen sondern zu geringes Publikum!mit richtigem Sendeplatz und neuem Konzept wird Peter Klien neu starten und in 12 Jahren wie jetzt wkö 500.sendung feiern!
— Alexander Wrabetz (@wrabetz) January 27, 2021
29.01.2021 um 08:15 Uhr
na ja
die Diskussion auf Twitter war wenigstens seriös und nicht beleidigend und man hat Einblick in ORF-Interna erhalten. Für eine derartige "Transparenz" sollte man dankbar sein.
29.01.2021 um 06:38 Uhr
..
Mir sind beide egal, aber wenn man hier die Fakten der politische Einflusswirkung betrachtet, kommt das hier ganz klar von Kappacher. Wirecard ist und war ein 100% deutscher Systemfehler. Dafür hat er echt eine öffentlicher Zurechtweisung verdient.
28.01.2021 um 23:25 Uhr
Universum Österreich
Heute stellen wir Ihnen eine schon beinahe ausgestorbene Spezies vor. In unseren Breiten ist er kaum noch anzutreffen. Der kritische, objektive und hinterfragende Journalist. Zu sehr hat ihm das raue politische und mediale Klima zugesetzt, zu sehr hat er sich in den letzten Jahrzehnten in die Abhängigkeit von ihn fütternden Händen. begeben, als dass er aus eigenem Antrieb noch lebensfähig ist. Zu sehr wurde er immer wieder von mächtigeren seiner Art und anderer Primaten eingeschüchtert und beinahe willenlos gemacht. Die Monokulturen der Presseaussendungen setzen ihnen immer mehr zu und lassen althergebrachte Skills verkümmern. Aber hie und da findet man noch ein paar alte Restexemplare; Urtieren gleich haben sie alle Widrigkeiten überdauert, gleichsam Dinosaurier unter all den hochgezüchteten neuen Arten. Sucht man lang genug im Dickicht, trifft man auch auf ambitionierten Nachwuchs. Zusammen mit den Dinosauriern verteidigen sie ihr Reich und Ihre Moral. Das gibt Hoffnung, dass nicht alles verloren ist im Universum Österreich.
28.01.2021 um 23:23 Uhr
Welche Qualifikationen...
...braucht man als ORF General? Jemand, der "dass" und "das" nicht unterscheiden kann, ist Generaldirektor des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der den "Bildungsauftrag" wahrnehmen soll?
28.01.2021 um 22:37 Uhr
🤔
Da sich Türkis/Blau die Mehrheit im Stiftungsrat gesichert haben ist es schon im Vorhinein klar dass Wrabetz weg ist.
28.01.2021 um 22:30 Uhr
Wrabetz will am Trog bleiben
..um nichts anderes geht es dem Wendehals.
28.01.2021 um 21:56 Uhr
Rechtschreibung
Liebe Kleine Zeitung, man kann nervös sein, aber als Hauptwort heißt es Nervosität und nicht Nervösität.
29.01.2021 um 13:20 Uhr
Aufmerksamer Leser
Da haben Sie absolut recht! Ist korrigiert. Danke für den Hinweis.
Mit freundlichen Grüßen,
die Redaktion
29.01.2021 um 06:33 Uhr
Überbewertet
.... Macht nix, auch der Generaldirektor kann in seinem Tweet nicht zwischen dass und das unterscheiden. Rechtschreibung wird überbewertet, außer es betrifft dir Kinder und das Pisa Ergebnis, da wird dann wieder drauf gedroschen!
28.01.2021 um 19:23 Uhr
Auch wenn es nur getwittert ist.
Abgesehen vom diskussionswürdigen Inhalt. Gebt's dem General ein paar "s", dann liest es sich einfacher.
28.01.2021 um 19:22 Uhr
Der will ja wiedergewählt werden...
Anfüttern gibt es auch in entgegengesetzter Richtung.
28.01.2021 um 19:16 Uhr
Ausgezeichnet...
... und mutig gekontert, Herr Kappacher! Beide Male. Gut den sich einmischenden Oberboss in die Schranken gewiesen!
28.01.2021 um 19:03 Uhr
Unfassbar...
...hier versucht der Chef des größten (unabhängigen??) Medienunternehmen Österreichs Einfluss auf einen Redakteur zu nehmen, um dessen Berichterstattung zu einem der größten (Polit-) Skandale Österreichs in eine bestimmten Richtung zu lenken!
Herr Wrabetz! Sofortiger Rücktritt!!!
28.01.2021 um 19:11 Uhr
Leider...
...traurig, aber wahr!