1953 ist der Disney-Film "Die Wüste lebt" ("The Living Desert") erschienen. Vielfach ausgezeichnet, aber die meisten Leute erinnern sich bloß an einen Punkt im Film: Wenn die Früchte des Marula-Baumes Groß und Klein, Affe bis Elefanten, so richtig schön besoffen machen. Und warum finden die Leute das wohl so lustig? Weil hier die Schnittmenge zwischen Mensch und Tier hauchdünn ist. Der Mensch erkennt im Tier zutiefst menschliche Eigenschaften. Oder man legt den Tieren menschliche Verhaltensweisen nahe, das war das Erfolgsrezept des Filmes. Also mehr Entertainment denn Naturdoku.

"Tiny World" ist sozusagen die moderne Version: In sechs Folgen zu je 30 Minuten wird der Fokus auf die Winzlinge in unterschiedlichsten Habitaten, wie etwa Garten, Wüste, Wald oder Dschungel, gelegt. Denn eines ist klar: Die kleinen putzigen Tiere und ihre zum Teil meisterlichen Überlebensstrategien sind in der Sekunde kleine Sieger des Herzens. Garniert man noch dramatische oder liebliche Orchestertöne dazu, ist der Zuschauer schlichtweg verloren. Und sogleich will man einen Feldhamster haben, der schier endlos Tomaten in seinen Backentaschen bunkert, dass es eine Freud ist. Der Hausgarten wir zum Paradies, in dem sich kleine und große Dramen abspielen. Das Eichhörnchen wird zum Superhelden, das Rotkehlchen ist ein Grantscherben und die Hauskatze wird zum schwarzen Schaf. Und man möchte nie, nie, nie mehr Rasenmähen, denn das dazugehörige Massaker an den Ameisen ist schlichtweg herzzerreißend.

Gut möglich, dass Naturdokufans nach dem Reinheitsprinzip hier die Nase rümpfen. Das muss aber nicht sein, denn an den schier unglaublichen Kameraeinstellungen gibt es rein gar nichts zu bemängeln und die wissenschaftlichen Informationen werden trotzdem nicht von den Quietsch-Momenten überlagert. Naturdoku trifft in der genau richtigen Mischung auf Entertainment.