Alles begann als Schüler der Handelsakademie in Klagenfurt und als Student der Wirtschaftswissenschaften. Wer hat sich derlei Unseliges für Sie ausgedacht?
MAX SCHAUTZER: Das war die alte Geschichte. Mein Vater, ein Kaufmann, wünschte sich, dass sein in der Erbfolge ältester Sohn in seine Fußstapfen tritt. Also habe ich das ihm zuliebe gemacht. „Geendet“ habe ich dann allerdings am Schauspiel-Konservatorium Prayner in Wien. Meine große Zuneigung galt anfangs dem Radio, denn Fernsehen gab es bei uns noch nicht. Radio, das waren für mich Bilder im Kopf. Ich hörte sehr viel Radio Klagenfurt, und viele Stimmen haben mich fasziniert. Und fast hätte ich auch schnell beim Radio begonnen.

Was ging schief?
SCHAUTZER: Ich hatte dem Chef des Konservatoriums erklärt, der Unterricht sei dort so fad. Er fragte: „Was stellen Sie sich vor?“ Ich: „Nicht bloß das Herunterleiern von Texten. Sondern zusätzlich Conférencen, Einführungen“. Er: „Na gut, dann machen Sie das!“ Ich durfte es erstmals bei einer öffentlichen Veranstaltung versuchen und wusste nicht, dass auch eine Delegation des ORF im Saal war. Diesen Leuten bin ich offensichtlich aufgefallen, und zufällig war gerade eine Planstelle frei. Leider gab es danach Restriktionen, und das Angebot wurde eingefroren. Dafür nahm ich ein anderes an.

Eine seiner TV-Stationen: "Die Goldene Eins"
Eine seiner TV-Stationen: "Die Goldene Eins" © APA/dpa

Nämlich?
SCHAUTZER: Im Aachener Scotch-Club. Das war die allererste Diskothek Europas mit moderierendem Plattenjockey. In dieser Zeit habe ich viel gelernt. Zum Beispiel, wie man das Publikum manipulieren, es von der Depression bis zur Hochstimmung treiben oder die Leute dazu bringen kann, in Reihen durchs Lokal zu marschieren.

Einer Ihrer großen Förderer wurde der legendäre „Dalli Dalli“-Moderator Hans Rosenthal. Wie kamen Sie mit ihm zusammen?
SCHAUTZER: Noch durch den Hörfunk. Damals gab es viele Radioshows, und ich machte Außenreportagen. Eines Tages sollte es eine Fernsehversion von „Alles oder nichts“ geben. Sie verpflichteten einen Moderator, der aber abstürzte. Doch die Sendetermine waren fix verplant. Der Chef des NDR fragte Hans Rosenthal: „Wen könnten wir nehmen? Weißt du jemanden?“ Er antwortete: „Den Max Schautzer. Der ist flexibel und schlagfertig“. Sie erreichten mich in den USA, wo ich gerade mit meiner Frau Urlaub machte. Also reiste ich danach nach Hamburg, hörte mir das Angebot an und hatte auf Anhieb 48 Änderungswünsche. Sie stimmten zu, und von anfänglich 16 Prozent schafften wir bei der dritten Sendung bereits 48 Prozent Zuschauer. Ich freundete mich zu dieser Zeit auch mit Rudi Carrell an, der mir anbot: „Wann immer du was brauchst, besuch mich in der Nähe von Bremen, wo ich wohne!“ Rudi erzählte mir unter anderem, er würde von einem jüdischen Amerikaner hin und wieder ein Plastiksackerl mit Gags kaufen. Es war voll mit Zetteln, auf denen Witze notiert waren. Darunter viel Mist, aber: Wenn zwei, drei brauchbare Gags darunter waren, meinte Rudi, hatte sich das schon gelohnt. . .


Was, denken Sie, war von Anfang an Ihre großes Plus?
SCHAUTZER: Fragen mich junge Leute heute nach Tipps, dann antworte ich: „Bleibt natürlich!“ Das, glaube ich, war meine besondere Stärke. Ich habe mich nie verbiegen lassen. Die Leute mochten mich so, wie ich bin. Und einen wichtigen Ratschlag erhielt ich von meiner geschätzten Schauspiellehrerin Marie-Luise Cavallar, die sagte: „Bub, du musst dich entscheiden. Du hast gesagt, du liebst Radio. Dann wähle zwischen Hochdeutsch und Dialekt. Ich rate dir zu Hochdeutsch, das du auch im Alltag sprechen solltest. Dann wirst du vor dem Mikro viel natürlicher sein!“

Mit Gundel, einer Innenarchitektin, ist er seit 52 Jahren verheiratet
Mit Gundel, einer Innenarchitektin, ist er seit 52 Jahren verheiratet © AP

Ein Highlight Ihrer langen Karriere war zweifellos die Reihe „Pleiten, Pech und Pannen“?
SCHAUTZER: Die sie anfangs nicht wollten. Es war meine Idee, die Zuschauer mit Videoeinspielungen zu beteiligen, die Herrschaften bei der ARD meinten allerdings, das Konzept würde zu sehr auf Schadenfreude abzielen. Ich habe mich gegen alle Schwierigkeiten, vor allem mit Unterstützung des Bayerischen Rundfunks, durchgesetzt. Die Pilot-Sendung haben sie im Nachmittagsprogramm versteckt, doch die Quoten stiegen beachtlich. Am Ende hatten wir bis zu 20 Millionen Zuschauer, eine Sensation für ein so „kleines Format“.

Keiner ist vor Enttäuschungen gefeit. Wie war Ihnen, als Ihnen die ARD 2004 plötzlich mitteilte, Sie sollten die Reihe „Immer wieder Sonntags“ wegen „fortgeschrittenen Alters“ verlassen?
SCHAUTZER: Ich war gerade auf der Autobahn, erfuhr es via Telefon. Ich fuhr an den Rand, war traurig und zornig und schwor: Mit mir nicht! Zumal diese Show „mein Kind“ war, ich hatte sie erfunden. Ich wollte mich also wehren, traf mich mit einem befreundeten Anwalt, der erklärte, ja, dies sei auch ein Eingriff in meine Rechte am Format. Letzten Endes beschloss ich aber – wissend, dass sich das endlos ziehen konnte – nicht zu klagen. Ich wollte mir keine Magengeschwüre zuziehen und wehrte mich anders, mit einem Buch über den Jugendwahn: „Rock’n’Roll im Kopf, Walzer in den Beinen“. Damit errang ich ungeheure Medienaufmerksamkeit, hielt zwei Jahre lang Vorträge zum Thema, gab unendlich viele Interviews und wurde sogar in der amerikanischen Branchenbibel „Variety“ zitiert. Die widmeten mir fast eine ganze Seite mit Riesenfoto. Die Publicity, die ich mit dem Buch hatte, brachte auch einen US-Baumogul dazu, 20 bis 30 Millionen Dollar in einen TV-Sender für älteres Publikum zu investieren, wobei immer auf meine Urheberschaft hingewiesen wurde. Ähnliche Sender in anderen Ländern folgten. Ich glaube, das war wirklich eine „süße Rache“ für meine damalige Entlassung durch die ARD.

Bald kommt ein neues Buch mit dem Titel „Mal Gentleman, mal coole Sau“?
SCHAUTZER: Dieser Titel ist mir über Facebook eingefallen. Als ich da einstieg, hatte ich innerhalb kurzer Zeit 5000 Follower. Einer der ersten, die sich meldeten, schrieb: „Max, du bist ne coole Sau!“

Sind Sie das?
SCHAUTZER: Ich glaube schon.

Wie und wo wird ihr Achtziger gefeiert?
SCHAUTZER: Eine große Feier findet nicht statt, das wäre wegen Corona zu gefährlich. Die letzte wirklich große Feier gab es zu meinem Sechziger in Köln. Ich hab’ nach wie vor das Gefühl, es wäre gestern gewesen und frag’ mich immer: Wo ist die Zeit geblieben? Wir feiern auch jetzt in Köln, und danach in Kitzbühel, unserem Zweitwohnsitz, in kleiner Freundesrunde.