Am 8. Oktober hat sich der Geburtstag von Helmut Qualtinger zum 90. Mal gejährt. "Quasi", wie ihn seine Freunde nannten, war nicht nur einer der bedeutendsten österreichischen Satiriker und Kabarettisten  nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern auch einer der wandlungsfähigsten Schauspieler. Ob Theater, Film, Fernsehen, Hörfunk - er prägte alle Genres. 1928 in Wien als Sohn eines Gymnasiallehrers geboren,  gründete Qualtinger noch als Schüler sein erstes Theater. Eine Zeitlang versuchte er sich als Journalist, ehe er das Kabarett für sich entdeckte. Seinen ersten öffentlichen Auftritt soll er bereits im Mai 1945 gehabt haben - als selbsternannter Kulturkommissar versuchte er mit einem Sowjetstern auf der Brust und einem selbst hergestellten  Ermächtigungsschreiben eine Villa für die Gründung eines Theaters zu beschlagnahmen - das brachte ihm vonseiten der sowjetischen Besatzungsmacht drei Monate Haft ein.

Das trieb ihm den Schabernack aber keineswegs aus: 1951 erlangte er internationale Berühmtheit, als er es schaffte, eine Zeitungsente zu verbreiten, in dem er die Ankunft des berühmten Eskimodichters Kobuk in Wien ankündigte. Tatsächlich versammelten sich etliche Reporter am Wiener Westbahnhof - und mussten dabei zusehen, wie statt des angeblich so berühmten Autors Helmut Qualtinger mit Pelzmantel und -mütze aus dem Zug stieg. Von einem Reporter nach seinem ersten Eindruck von Wien interviewt, antwortete "Kobuk": „Haaß is’“. 

Zehn Jahre später spielte Qualtinger seine berühmteste Rolle: den "Herrn Karl", zusammen verfasst mit Carl Merz. Der Magazineur wurde zum Inbegriff des gefährlichen politischen Mitläufers - und Qualtinger hielt damit ganz Österreich den Spiegel vor.

Unvergessen bleibt er aber auch für seine Lesungen - etwa aus Adolf Hitlers "Mein Kampf", die er als "Beitrag zur Sprachanalyse der Unmenschen" sah. Auch sein satirisches Liedgut von "Der Papa wird's scho richten" bis zum "G'schupften Ferdl" hat die Jahrzehnte überdauert. Er schrieb Satiren und Stücke, spielte etwa am Wiener Volkstheater große Rollen. 1986, im Jahr seines Todes, 1986 spielte er den Mönch Remigio da Varagine im Filmdrama "Der Name der Rose" nach Umberto Ecos Roman an der Seite von Sean Connery.

ORF ehrt "Quasi"

ORF III widmet Qualtinger heute einen ganzen TV-Abend: Zum Auftakt blickt "Kultur Heute" auf das umfangreiche Erbe des Theater- und Filmschauspielers zurück. Danach steht im Rahmen von "ORF III Spezial" die Dokumentation "Qualtinger" (20.15 Uhr) aus dem Jahr 2011 auf dem Programm, in der Qualtingers künstlerischer Ziehsohn André Heller den Ausnahmekünstler vergegenwärtigt. Qualtinger, lange von seiner Alkoholkrankheit geplagt, starb mit erst 57 Jahren im September 1986.

Anschließend folgt der Kult-Monolog "Der Herr Karl" (21.50 Uhr) aus dem Jahr 1961. Darin gibt Helmut Qualtinger einen vordergründig gemütlichen und netten, wenn auch raunzenden Wiener Gelegenheitsarbeiter, der einem Lehrling das Leben und die Philosophie eines Wiener Vorstadtbewohners vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zum Beginn der 1960er Jahre schildert. Nach und nach wird klar, dass Herr Karl ein kalter Opportunist ist, vom Sozialisten zum Christlichsozialen und zum Nationalsozialisten wurde und sich danach den Besatzungsmächten anbiederte. Die TV-Produktion unter der Regie von Erich Neuberg erregte bei ihrer Erstausstrahlung im ORF große Aufregung.

Das "ORF III Spezial" schließt mit "Qualtingers Wien" (22.55 Uhr). Für den Film aus dem Jahr 1997 verwoben Alfred Dorfer und Harald Sicheritz mehr als 20 Stücke von Helmut Qualtinger zu einer Geschichte. Die Originaltexte wurden dabei nicht verändert. Hansi (Alfred Dorfer), immer missmutig und schlecht gelaunt, fährt seine geh- und sprechbehinderte Mutter Gucki (Qualtingers Witwe Vera Borek) im Rollstuhl durch Wien, wo sie den unterschiedlichsten Charakteren begegnen. Ob im Gemeindebau, im Prater oder am Würstelstand, eine Riege herausragender Kabarettisten und Schauspieler wie  Roland Düringer, Wolfgang Böck, Vera Borek und Karl Markovics spielt gekonnt die qualtingerschen Figuren. Regie führte Harald Sicheritz.

Am Sonntag, dem 14. Oktober, bringt ORF III Dakapos des berühmten "Herr Karl"-Monologs (9.10 Uhr) sowie des Porträts "Helmut Qualtinger - Porträt eines Unbequemen" (10.10 Uhr).

Und auch Ö1 erinnert an das Wiener Urgestein: Heute ab 17.30 Uhr widmen sich die "Spielräume" dem musikalischen Schaffen des Schauspielers, Schriftstellers und Gesellschaftskritikers. Im Mittelpunkt steht seine Zusammenarbeit mit dem Dichter H. C. Artmann und dem Komponisten Ernst Kölz - die "Schwarzen Lieder" gelten bis heute als seine bedeutendste Arbeit als Liedinterpret.