Auf diesen ORF-"Landkrimi" darf man sich freuen: Der Titel des im Burgenland spielenden "Grenzland" war Programm für Handlung und seelischen Zustand der Protagonisten, vergaß unter der Regie von Marvin Kren nicht auf trockenen Humor und schöne zwischenmenschliche Momente. Entsprechend heftigen Applaus gab's am Donnerstagabend bei der Premiere am Filmfestival Diagonale in Graz.

Bei den heimischen Landkrimis werde unglaubliches Talent sichtbar, versicherte ORF-Programmdirektorin Kathrin Zechner vor der Premiere von "Grenzland" am Donnerstagabend im Schubert-Kino. "Das findet sein Publikum, und das kann man nicht erzwingen, apropos 'Zwangsgebühren'", sagte Zechner zur laufenden medienpolitischen Debatte.

Brigitte Kren und Christoph Krutzler ermitteln im "Grenzland"
Brigitte Kren und Christoph Krutzler ermitteln im "Grenzland" © ORF (Hubert Mican)

Der Landkrimi selbst widmet sich - nach einem Drehbuch von Konstanze Breitebner - ebenfalls und im wahrsten Sinne des Wortes brandaktuellen Entwicklungen. Im Herbst wird ein 18-jähriges gehörloses Mädchen (Sophie Stockinger) im südlichen Burgenland, an der Grenze zu Ungarn, tot an einem Feldrain gefunden. Der Schuldige ist für Ortspolizist Boandl (großartig zwiespältig: Christoph Krutzler), für die meisten Dorfbewohner und sogar für die ruppige Chefinspektorin Jandrasits (Brigitte Kren unter der Regie ihres Sohnes Marvin) schnell gefunden. Der Mörder kann nur ihr mehr oder weniger heimlicher Verehrer, ein syrischer Flüchtling namens Achmed (Hassan Akkouch) sein, aus dem im einzigen Ortsgasthaus eingerichteten Asylwerberheim. Achmed - sein Asylantrag wurde abgelehnt - wird auf der Flucht geschnappt, kann aber nach einem Brandanschlag auf die kleine Polizeiinspektion erneut entkommen. Sofort begeben sich Vater und Onkel des Opfers und ein paar Kumpane mit Jagdgewehren auf die Suche, um die Sache selbst in die Hand zu nehmen, da sie weder Boandl noch Jandrasits trauen.

Die folgenden Szenen erinnern etwas an das Südstaatendrama "Mississippi Burning" - aber kein TV-Krimi ohne Zuspitzung. Und die Charaktere sind so gezeichnet, dass manch politisch korrekt denkender Mensch ob der Dialoge zusammenzucken mag, aber das tut Spannung und Glaubwürdigkeit gut. Und der trockene Humor zwischendurch wirkt befreiend. Jandrasits hat ganz zu Beginn gegen den die Ehefrau prügelnden Innenminister eine Wegweisung ausgesprochen. Als ihr Mann, ebenfalls Polizist, die Chefinspektorin abends im Bett darauf anspricht: "Schadet des net der Karriere?" - "Du bist eh schon Hofrat."

Ein eingespieltes Team: Regisseur Marvin Kren mit seiner Mutter Brigitte
Ein eingespieltes Team: Regisseur Marvin Kren mit seiner Mutter Brigitte © ORF (Toni Muhr)

Beim Cast wurde auch jede kleine Rolle gut besetzt, von Magdalena Kronschläger als verzweifelte Mutter des Mordopfers bis zu Angelika Niedetzky in einer ebenso überraschenden wie überzeugend gespielten Rolle. Und Marvin Kren setzte bei all der Flüchtlings-Tragik und Grauslichkeiten rund um den Mord einen schönen Schlusspunkt: Der Chefinspektorin Ehemann, der Hofrat, der oft vergeblich für seine ihm angetraute Ermittlerin Abendessen kocht, weil sie wieder bei einem Fall hängengeblieben ist, und der als Vorgeschmack auf den Pensionsschock einen Wurlitzer repariert hat, wirft einen Schilling in diesen ein. Angewählt hat er "Up where we belong" - und als sie dann doch endlich zu Hause ankommt, nehmen sie einander in den Arm, während Jennifer Warnes "Who knows what tomorrow brings..." schmachtet. Das kann gewaltig kitschig wirken, aber wie die beiden das spielen und wie das gefilmt ist, rührt es tief ans Herz.

"Grenzland" ist eine Koproduktion von ORF, ZDF und Graf-Film, gefördert vom Fernsehfonds Austria.