Die Exklusivmeldung der Kleinen Zeitung, wonach sich die neun von den Bundesländern entsendeten ORF-Stiftungsräte am 8. September im Landesstudio Salzburg zu einer Klausur treffen, sorgte im ORF und bei dessen Gremiumsmitgliedern für Diskussionen. „Das war ein Stich ins Wespennest“, ließ sich ein ORF-Spitzenmanager vernehmen. Ein anderer legte Wert auf die Mitteilung, dass der informelle Chef des ÖVP-„Freundeskreises“ und Vorsitzende des Finanzausschusses, Thomas Zach, sehr wohl über diese Klausur informiert wurde, auch wenn sich sein Name nicht auf dem Einladungsverteiler findet.

Der Kärntner Stiftungsrat Siggi Neuschitzer, eine treibende Kraft hinter einer stärkeren Vernetzung der Länderstiftungsräte, sagte: „Nur mit dem Ausbau der regionalen Berichterstattung hat der ORF eine Zukunft. Die internationale Berichterstattung auf die Beine zu stellen, ist keine Kunst, aber beim regionalen Fernsehen bringen die Privatsender im Vergleich zum ORF nichts zusammen. Das Regionale muss gestärkt, nicht beschnitten werden und dafür stehen wir neun Bundesländerstiftungsräte parteiübergreifend und selbstbewusst.“ Der große Quotenbringer des Alltagsfernsehens im ORF heißt „Bundesland heute“. Geplante Sparpläne für die Landesstudios werden von den Bundesländerstiftungsräten scheel beäugt und bekämpft.

Wer die Realverfassung kennt, weiß, dass Wahlkampfzeiten nicht spurlos am größten österreichischen Medienunternehmen mit nicht ganz einer Milliarde Euro Umsatz vorübergehen. So laufen bereits Wetten, wie lange Generaldirektor Alexander Wrabetz noch im Amt bleiben wird. Denn bei welcher Koalitionsvariante auch immer, die nach dem 15. Oktober die Regierungsmehrheit innehat, kann es für den ORF-Chef eng werden. In „normalen“ Zeiten ist er nur über eine Zweidrittelmehrheit im Stiftungsrat abwählbar. Dieses Szenario wird nicht eintreten.

Eleganter ist da schon der Amtsverlust über Gesetzesänderung. Die SP-Alleinregierung beschloss ein ORF-Gesetz, das den damaligen Generalintendanten Gerd Bacher 1974 in die Wüste schickte. Die schwarz-blaue Koalition kippte 2001 mit dem ORF-Gesetz unter dem Stichwort „Entpolitisierung“ die ORF-Geschäftsführung unter Generalintendant Gerhard Weis aus ihren Ämtern. Aus allen Parlamentsparteien ist zu hören, 2018 soll es mit einem neuen ORF-Gesetz ernst werden. „Entpolitisierung, jetzt aber wirklich“ heißt die Parole aber nicht. Denn welche Partei will schon den Zugriff auf den Sender aufgeben?