Unvoreingenommen geht der 45jährige Guillaume Bruère an seine Motive heran. Im Fall der rezenten Ausstellung in der Grazer KULTUM-Galerie sind es die alten Meister wie Piero della Francesca und Giorgione, Caravaggio, El Greco und Rembrandt. Angesichts der Frühlingsausstellung über die Fasten- und Osterzeit stammt die Auswahl von Kurator Johannes Rauchenberger durchwegs aus den „Religious Themes“, wie sie Bruère in seinem Werkverzeichnis nennt.

Nachdem der im westfranzösischen Châtellerault geborene und nun in Berlin lebende Künstler ohne christliche Erziehung aufgewachsen ist, ist ihm wohl eine ikonografische Näherung an Themen und Motive des katholischen Bildkanons zu attestieren. Soll heißen, Guillaume Bruère ist, für den Betrachter nachvollziehbar, an Form-, Farb-, Licht- und Figurenkonstellationen der Vor-Bilder interessiert, die in eine Art bildanalytische Malerei münden. Aquarelle auf Papier – etwa nach den Apostel-Darstellungen El Grecos in Toledo – oder Acryl auf Leinwand – Giorgiones „Anbetung der Hirten“– wirken wie die Überführungen der Originale nach zeitgenössischer Technik in den persönlichen Duktus Bruères.

Wenn den Motiven schon eine gewisse Expressivität anhaftet, wird diese in der Art des interpretierenden Malers nur umso deutlicher hervorgehoben, in lauten Farben und gestischem Pinselhieb. Sichtlich ist es schnelle, an der Struktur orientierte Malerei und Zeichnung, die Bruère möglichst oft an den Ausstellungsorten und vor den Originalen vornimmt. Von der Reduktion auf gestisch angelegte Struktur, die nach Dripping und verdichteten Linien dennoch die bekannten Kreuzigungsszenen erkennen lassen bis in die gerade noch figurative Abstraktion einer Grablegung nach Caravaggio reicht das Spektrum eines schier virtuos anmutenden Oeuvres. Selbst das für letzteren bezeichnende Helldunkel erfährt bei Bruère eine Art Update, wobei sich der Betrachter nicht ganz sicher sein kann, ob es sich dabei allein um die Erinnerung an Caravaggios Licht handelt oder ob es im wie auf Schemen reduzierten Bild Bruères wirklich vorhanden ist.

Dass es sich hier keineswegs um wie immer verstandene Affirmation gegenüber den Alten handelt, vielmehr um methodisches Erkennen und Vergewissern, mag auch Bruères Gebrauch von Bildtiteln vermitteln. Jedes Werk wird allein durch das Datum seiner Fertigstellung bezeichnet.

Guillaume Bruère, "16. 01. 2021" Öl, Kreide auf Leinwand (nach Piero della Francesa)
Guillaume Bruère, "16. 01. 2021" Öl, Kreide auf Leinwand (nach Piero della Francesa) © Mracek

Guillaume Bruère. DEAD & ALIVE. Alte Meister. Bis 8. Mai, kultum - Zentrum für Gegenwart, Kunst und Religion in Graz. kultum.at