Dunkel glühende Farbfelder, Betonung auf dunkel. Der Name MarkRothko ruft sie vermutlich zuerst vor das innere Auge. Bilder, auf denen sich unscharfe Rechtecke in Rot, Braun und Orange in faszinierend intensive Verbindung gesetzt sind. Und unterschiedlichste Empfindungen auslösen – ästhetischer und emotionaler Natur. Schaffen sie beides, erfüllen sie, was sich ihr Schöpfer wünschte: mit scheinbar leeren Flächen tiefe, ja, religiöse Gefühle auszulösen.

Mark Rothkos berühmtesten Farbfeld- Gemälden: „No. 16 (Red, White and Brown)“, 1957.
Mark Rothkos berühmtesten Farbfeld- Gemälden: „No. 16 (Red, White and Brown)“, 1957. © ROTHKO/KHM

Die Bildtitel sind meist präzise Beschreibungen dessen, was vordergründig zu sehen ist. Etwa „Orange, Red, Yellow“ und „White Center (Yellow, Pink and Lavender on Rose)“. Zwei von etlichen Rothko-Werken, die nicht nur zu den besten des Schaffens zählen, sondern auch zu den teuersten Kunstwerken überhaupt. 2007 und 2012 sorgten sie bei Auktionen mit 86,8 respektive 72,8 Millionen Dollar für Rekorde. Wann immer ein „Rothko“ auf den Markt kommt, ist es ein Ereignis. Womit der Sohn jüdisch-russischer Einwanderer, 1970 in New York aus dem Leben geschieden, vermutlich sein Problem hätte. Obwohl zu Lebzeiten erfolgreich, galt der aus dem heutigen Lettland gebürtige Russe nicht als Freund des Kunstmarkts.

Die erste Rothko-Retrospektive in Österreich bringt beeindruckende Beispiele jener Bilder, mit denen sich der Maler in der Kunstgeschichte verankert hat. Darüber hinaus aber Beispiele, welche die Entwicklung zeigen, den „ganzen“ Rothko gewissermaßen. Kurator Jasper Sharp konnte in enger Zusammenarbeit mit Tochter Kate und Sohn Christopher Rothko knapp 50 Gemälde nach Wien bringen: Leihgaben aus internationalen Sammlungen und jenen der Familie, die einen konzentrierten Querschnitt durch ein reiches Œuvre ergeben.

Alle Bilder haben "tragisches Konzept"

Von den figurativen Anfängen bis zu den Trademark-Farbfeldern spannt sich der Bogen, wird eine Entwicklung beschrieben, die auf den ersten Blick eine Suche nach purer, abstrakter Form beschreibt. Als Abstrakter verstand sich Rothko freilich nie, auch nicht als Kolorist, dem es nur um Farbe(n) ging. Alle Bilder, so der zeitlebens an Depressionen Leidende, handelten vom Tod, hätten ein „tragisches Konzept“. Nachsatz: „Mit zehn Prozent Hoffnung.“

Ausstellungsansicht
Ausstellungsansicht © ROTHKO/KHM

Aus der National Gallery of Art in Washington kommt eine wesentliche Attraktion der von Jasper Sharp und dem Künstlersohn Christopher Rothko kuratierten Ausstellung. Teile einer Bilderserie, die Rothko 1958/59 für das noble Restaurant „Four Seasons“ im von Mies van der Rohe und PhilipJohnson geplanten New Yorker Seagram Building schuf, aber schließlich nicht ablieferte, weil ihn das Luxus-Ambiente abstieß. In Londons Tate Modern sind weitere Bilder des Zyklus permanent zu sehen (ein Geschenk, das man anfangs nicht haben wollte), weitere Seagram-Gemälde besitzt das Kawamura Memorial Museum im japanischen Sakura.

Ein nicht transportables Gesamtkunstwerk Mark Rothkos befindet sich in Houston, Texas: die Rothko Chapel. Eine überkonfessionelle Kapelle mit großformatigen „Fourteen Black Paintings“ (wie sie übrigens Peter Gabriel besingt). Bis Jahresende wird sie restauriert, bis 2022 zu einem Zentrum für Menschenrechtsfragen erweitert. Rothkos Vermächtnis, das er realisiert nicht mehr erlebte. Schwarz sind die Gemälde der Kapelle übrigens nicht. Sie leuchten, siehe oben, in vielen dunklen Nuancen und vermitteln Hoffnung. Zehn Prozent mindestens.