Wo die Temperatur nicht selten über 40 Grad erreicht, ist Schatten lebenswichtig. Jean Nouvels gigantische, vom österreichischen Unternehmen Waagner-Bio gefertigte Metall-Kuppel über den Einzelbauten des Louvre Abu Dhabi, funktioniert glänzend. Der Lichteinfall in der weitläufigen, von einem Steinrelief Jenny Holzers und einem Bronzebaum von Giuseppe Penone geprägten Plaza verändert sich ständig.

Kurz bevor die zweite Museums-Sonderschau "Globes: Visions of the World" eröffnet, herrscht hier reges Treiben. Zahlreiche Männer- und Frauengruppen in traditionellen arabischen Gewändern schlendern ebenso durch die Ausstellungen wie jede Menge Touristen oder das Special Olympics Team der Emirate in seinen Trainingsanzügen. Für die Austria Presse Agentur nahm sich Direktor Manuel Rabaté Zeit für eine erste Zwischenbilanz nach der Eröffnung Mitte November 2017.

APA:Herr Direktor Rabaté, was sind Ihre Erfahrungen der ersten vier Monate?

Manuel Rabaté: Lassen Sie uns kurz zurückschauen. Wir hatten die lange erwartete Eröffnung als Ende einer zehnjährigen Projektphase. Diese Zeit war auch wirklich notwendig, einen so inspirierenden Ort zu kreieren und hochklassige Inhalte dafür bereitzustellen - mit Ankäufen für unsere eigene Sammlung und den langfristigen Leihvereinbarungen mit den französischen Institutionen. Ein Team aufzubauen war ebenfalls keine geringe Herausforderung. Dass wir dabei die Erfahrung und Tradition der alten, angesehenen Institution des Louvre mit der unglaublichen kreativen Energie von Abu Dhabi verbinden konnten, war sehr hilfreich. Wir sind heute an einem wichtigen Moment in der Entwicklung dieser Region und haben eine Zeit lang die Nachrichten aus dieser Gegend beherrscht. Zur Eröffnung hatten wir über 700 Journalisten aus der ganzen Welt hier.

Direktor Manuel Rabaté mit dem Architekten Jean Nouvel
Direktor Manuel Rabaté mit dem Architekten Jean Nouvel © APA/AFP/GIUSEPPE CACACE

APA:Wie viele Besucher haben Sie in den ersten vier Monaten gezählt?

Rabaté: An jedem Tag haben wir zwischen 2.000 und 5.000 Besucher, das liegt über den Erwartungen. Aber wir müssen fokussiert bleiben. Wir sind kein Event. Wir sind ein Museum. Daher müssen wir die große Energie, die bei der Eröffnung frei wurde, in eine dauerhafte Anstrengung verwandeln. Museumsarbeit ist Langzeitarbeit - davor und danach. Wir eröffnen jetzt die zweite Sonderausstellung - und planen vier für das kommende Jahr. Und wir haben unzählige weitere Aktivitäten. Jedes halbe Jahr wechseln wir etwa das Angebot unseres Kindermuseums aus.

APA: Wie bewährt sich der spektakuläre Bau von Jean Nouvel bei der täglichen Museumsarbeit?

Rabaté: Ich habe meine Karriere im Louvre begonnen und dann im Musée du Quai Branly gearbeitet - ich habe also schon persönliche Erfahrung mit einem Museumsbau von Jean Nouvel. Seine Bauten sind immer sehr ambitioniert, aber der Louvre Abu Dhabi ist sicher eines seiner Meisterwerke. Er hatte eine Vision und sie hervorragend umgesetzt. Das Zusammenspiel von Innen- und Außenräumen ist wunderbar. Es funktioniert fantastisch, obwohl wir hier denkbar schwierige Bedingungen für Kunst haben: Wasser, Salz und Sonne.

APA:Das Museum soll als Brückenschlag zwischen der Geschichte und der Kunst der östlichen und westlichen Sphäre fungieren. Klappt das?

Rabaté: Absolut. Abu Dhabi ist wirklich eine Drehscheibe zwischen den Welten. Es geht um Diversität und um Erweiterung unserer Identität. Schauen Sie sich nur unsere Besucher an. Sie kommen wirklich von überall her. Das gilt auch für die Kunstwerke. Wir haben sogar Leihgaben der Sammlung des Guggenheim Abu Dhabi, die im Aufbau begriffen ist.

APA:Wie ungeduldig erwarten Sie den Bau des Guggenheim Abu Dhabi und des Zayed National Museum, die in der unmittelbaren Nähe errichtet werden sollen?

Rabaté: Ich freue mich sehr auf sie. Es gibt klare Absichtserklärungen, aber die Dinge brauchen seine Zeit, wie in einem Ökosystem. Hier wird clever investiert - in Bildung, Kultur und Kreativität. Ich bin unbedingt optimistisch. Louvre Abu Dhabi ist ein Universalmuseum und erzählt die Geschichte der Menschheit. Guggenheim Abu Dhabi konzentriert sich auf moderne Kunst. Und das Zayed National Museum erklärt die lange Geschichte dieser Region. Das wird keine Konkurrenz, sondern eine perfekte Ergänzung. Und wir haben hier Pionierarbeit geleistet und den Boden bereitet.

Der "Salvator Mundi" von Leonardo da Vinci
Der "Salvator Mundi" von Leonardo da Vinci © APA/AFP/ANTHONY WALLACE

APA: Leonardo da Vincis "Salvator Mundi" wurde zum teuersten Gemälde der Welt und brachte Ihr Museum in die Schlagzeilen. Stecken Sie hinter dem Ankauf?

Rabaté: Es ist natürlich nicht ein Ankauf unseres Museums, sondern einer des Ministeriums, aber: Ja, wir haben hart daran gearbeitet. Wir freuen uns wirklich sehr und prüfen gerade ganz genau, wie wir es in unser Museum integrieren werden. Das wird uns ermöglichen, unsere Geschichte, die wir erzählen wollen, noch genauer zu formulieren. Es wird aber auch neue Herausforderungen für die Führung unserer Besucherströme bedeuten. Im Lauf des Jahres wird das Gemälde erstmals bei uns zu sehen sein. Näheres werden wir bald bekannt geben.