Agentur Archive - document view Konzentriert sitzt Mercedes Vega Torro in der Werkstatt des Museo de Bellas Artes in Sevilla vor der "Inmaculada del Coro". Das 190 mal 160 cm große Gemälde des großen spanischen Barockmalers Bartolome Esteban Murillo wird auch "La Nina", das Mädchen, genannt. Die dargestellte Jungfrau Maria ähnelt auf dem 1669 entstandenen Gemälde tatsächlich einem kleinen Mädchen.

Vorsichtig setzt Mercedes den dünnen Pinsel an, um am unteren Bildrand schwarze Farbpigmente auszubessern, die im Laufe der Jahrhunderte verblasst sind. Schon seit über einem Jahr arbeitet die spanische Restauratorin an dem Gemälde. Sie säuberte es, frischte Originalfarben wieder auf, besserte Stelle aus, an denen sich die Farbe ablöste.

Murillo schuf das Gemälde für Sevillas Kapuziner-Kloster, in dem sich heuer das Museo de Bellas Artes befindet. Wie "La Nina" ließ das Museum der Schönen auch die anderen Zyklen-Bilder Murillos von Grund auf restaurieren. Schließlich bildet die Sonderschau "Murillo und die Kapuziner von Sevilla. Eine Rekonstruktion" den Auftakt zu acht großen Jubiläumsausstellungen, mit denen Sevilla das ganze Jahr 2018 über den 400. Geburtstag ihres berühmten Barockmalers Bartolome Esteban Murillo (1617-1682) feiern will.

"Dabei präsentiert unsere Ausstellung die allesamt restaurierten Murillo-Werke nicht nur im frischen Glanz, sondern zeigt auch die gesamte Serie an dem Ort, für den sie geschaffen wurde", erklärt Museumsdirektorin Valme Munoz Rubio stolz. Die Gemälde, die Anfang des 19. Jahrhunderts von Napoleons Truppen gestohlen wurden und sich heuer in Museen verschiedenster Länder befinden, konnte man als Leihgaben bekommen. Das Kunsthistorische Museum Wien schickte aus der Serie seinen "Erzengel Michael". Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum überlässt dem Bellas Artes "Den heiligen Franziskus in der Portiuncula-Kapelle" sogar gleich für zehn Jahre.

Murillo wurde in den letzten Dezembertagen 1617 geboren. Sein genaues Geburtsdatum ist unbekannt. Wir wissen nur, dass er am 1. Jänner 1618 in der Magdalena-Kirche getauft wurde, wo noch heute sein Taufbecken und Taufurkunde besichtigt werden können. Schon mit 13 Jahren ging er beim Maler Juan del Castillo in die Lehre. "Von ihm lernte er die virtuosen Kompositionen seiner Marien- und Kinderdarstellungen", erklärt der Murillo-Experte Benito Navarrete.

Mit seiner sanften Licht- und Schattenführung sowie einer warmen Farbgebung hob sich Murillo zunehmend von anderen Malern Sevillas ab. Seine naturalistischen, pastosen Mariendarstellungen waren bei Sevillas zahlreichen Klöstern, Kirchen und sogar der Kathedrale heiß begehrt.

International berühmt wurde Murillo jedoch durch seine virtuose, vom Oberflächennaturalismus geprägte Genremalerei, in welcher er das Alltagsleben Sevillas im 17. Jahrhundert darstellte. Durch ihr Monopol für den Amerika-Handel war Sevilla damals die wichtigste und reichste Handelsmetropole der Welt. Eroberer, Händler und Missionare schifften hier nach Amerika ein.

Zu Murillos Schaffenszeit befand sich Andalusiens Hauptstadt jedoch bereits im Niedergang. Die Stadt verlor langsam ihr Handelsmonopol mit Amerika. Hungersnöte und die Pest strecken die Hälfte der Einwohner dahin. Bettler und obdachlose Waisenkinder prägten zunehmend das Stadtbild. "Murillo malte diese Szene. Doch stellte er die Armut immer mit Hoffnung statt Verzweiflung dar. Dabei entwickelte er eine ganz eigene Bildsprache", erklärt Kunsthistoriker Navarrete.

Neben Klöstern und Kirchen rissen sich vor allem die internationalen Kaufleute um Murillos Genregemälde und verbreiteten sie in ganz Europa. "So wurde Murillo schon zu Lebzeiten und bis ins 19. Jahrhundert der bedeutendste Vertreter der spanischen Barockmalerei. International war er weit aus bekannter als Diego Velazquez oder Francisco de Zurbaran", versichert Navarrete.

Verschiedenste Sonderausstellungen in Sevillas Klöstern, Museen, der Kathedrale und Kirchen beleuchten nun 2018 Murillos facettenreiche Malerei auf unterschiedlichste Weise. Murillo als religiöser Marienmaler, Murillo als Maler sozialer Gerechtigkeit, der Einfluss Murillos auf spätere Künstlergenerationen, seine Maltechnik, Porträts, Murillos Kinderdarstellungen.

Es wird internationale Experten-Konferenzen, Theatervorführungen, Seminare, neue Biografien und sogar gastronomische Murillo-Touren geben, die in die Küche des spanischen Barocks führen. Der krönende Abschluss des Jubiläumsjahres wird ab November die größte Murillo-Retrospektive seit 1983 sein. Dafür leihen sogar internationale Museen wie der Louvre, der Madrider Prado oder die Londoner National Gallery ihre wichtigsten Murillo-Werke Sevillas Museo de Bellas Artes.

Anlässlich des Murillo-Jubiläumsjahres gestaltete die Stadt sogar mehrere thematische Rundgänge, die Besucher an die Orte führen, die eng mit Murillos Leben und Werk verknüpft sind. "Das Murillo-Jahr ist eine einzigartige Gelegenheit, den Künstler auf eine ganz neue Art und Weise kennen zu lernen. Realer, jenseits der Mythen und seinem Status als Maria-Maler", versichert Kunsthistoriker Navarrete, der auch den wissenschaftlichen Beraterstab des "Murillo Jubiläumsjahres" leitet.

www.murilloysevilla.org