Es ist die persönlichste Ausstellung, die der rührige Nachlassverwalter und Kurator des Werner Berg Museums bisher gestaltet hat: Harald Scheicher stellt darin den Bildern seines Großvaters Gedichte von Christine Lavant zur Seite, die ganz offensichtlich ihre Entsprechung in der Kunst des geliebten Mannes finden. Denn spätestens seit dem Erscheinen von Klaus Amanns biografischem Lavant-Porträt „Ich bin maßlos in allem“ ist diese schwierige Künstlerliebe bekannt. „Die Gedichte bekommen durch die Bilder eine zusätzliche Dimension, die Bilder durch die Gedichte noch mehr Tiefe. Die Bilder sind für mich noch schöner, wenn sie von den Gedichten eingerahmt werden“, erläutert der Enkel des Malers bei der Eröffnung der Schau „Werner Berg - Christine Lavant“ in Bleiburg/Pliberk.

Sie ist so etwas wie der Schluss- und Höhepunkt einer intensiven wissenschaftlichen und künstlerischen Aufarbeitung der Beziehung, die mit Klaus Amanns Buch begann, in einer Tanztheaterproduktion von Zdravko Haderlap mit Anne Bennent auf die Bühne gebracht wurde und jetzt mit der liebevoll gestalteten Ausstellung die beiden Künstlerleben miteinander verschränkt. Die Art der Präsentation sollte den Persönlichkeiten gerecht werden, hatte sich Scheicher vorgenommen, und nach einem Rundgang durch das Museum ist klar: Das ist zweifellos gelungen.

Werner Berg, seine Frau Mauki, Christine Lavant und Josef Habernig (v. l.)
Werner Berg, seine Frau Mauki, Christine Lavant und Josef Habernig (v. l.) © Markus Traussnig

Gleich im ersten Raum werden die handelnden Protagonisten in diesem Drama mit großformatigen Fotos vorgestellt: Da sind der deutsche Maler Werner Berg und seine Wiener Frau Mauki, beide promovierte Staatswissenschaftler, die mit ihren fünf Kindern ein unkonventionelles und hartes Aussteiger-Leben am Rutar-Hof hoch über dem Jauntal lebten. Harald Scheicher weiß: „Werner Berg war stolz auf seine Armut und beleidigt, wenn man ihm Geld angeboten hat!“ Daneben ein Bild von Christine Lavant, 17 Jahre jünger als Bergs Ehefrau, und eines von Lavants 36 Jahre älterem, despotischen Mann Josef Habernig, einem verarmten Landschaftsmaler, der ihr mit seiner Eifersucht das Leben schwer machte, sich von ihr versorgen und bedienen ließ.

Thematisch gebündelt wird in den nächsten Räumen die Familie Berg in Fotos, Bildern und Briefen vorgestellt, das karge ländliche Leben illustriert, das eine starke, sich innig verbundene Gemeinschaft zeigt. Kopftuchfrauen malte Werner Berg auch schon vor der Bekanntschaft mit Christine Lavant, wie man im nächsten Ausstellungsraum sieht. Als sie sein Modell wurde, änderte sich sein Frauenbild; in den Lavant-Porträts wollte er durch eine expressiv-übersteigerte Darstellung „ihre künstlerisch-dämonische Kraft“ zum Ausdruck bringen (Scheicher). Während im Keller des Museums ein Video mit der Tanztheaterproduktion läuft und großformatige Fotos von Karlheinz Fessl ausgestellt sind, führt im ersten Stock der Weg durch Themenbereiche wie ländlicher Katholizismus „als Hintergrundfolie“ im Leben der Lavant, Landschaft oder lyrische Stillleben (wie das Motiv des Hühnerbaums mit einem Hahn zwischen zwei Hennen).

Arthur Ottowitz, Leiter des Werner Berg Museums
Arthur Ottowitz, Leiter des Werner Berg Museums © Markus Traussnig

Die Unfähigkeit, seinen Lebenskonflikt, die Amour fou zu den beiden Frauen, zu lösen, empfand Werner Berg als persönliche Niederlage. Er konnte sich selbst weder menschlich noch künstlerisch genügen. Und Christine Lavant schrie nach dem Abschied in ihren Gedichten ziemlich deutlich ihr Elend in die Welt hinaus. Nach fünf Jahren Familienanschluss und leidenschaftlicher, verheimlichter Liebe stoppte Ehefrau Mauki schließlich doch die Beziehung ihres Mannes zur Dichterin, die daraufhin wegen der „Feigheiten des Herzens“ ihres Geliebten als Lyrikerin verstummte. Warum Mauki so lange zugesehen hatte? „Ihre Lebensaufgabe war seine Kunst“, erklärt der Enkel heute, der erst durch die genaue Lektüre der kürzlich freigegebenen Briefe „biografische Feinheiten“ im Leben der beiden Künstlerseelen erkannt hat.

Die Gedichte kann man sich mittels QR-Code auch anhören
Die Gedichte kann man sich mittels QR-Code auch anhören © Markus Traussnig

Vom ersten, gleich zwölfseitigen Brief Werner Bergs an Christine Lavant nach dem Kennenlernen bei der Schriftstellertagung in St. Veit über zahlreiche Skizzen, Fotos, Briefe, Arbeitsmaterialien bis zum Film- und Tonaufzeichnungen bietet diese so sinnliche Ausstellung Einblick in drei Leben, die unlösbar miteinander verstrickt waren. Bronzearbeiten der Bildhauerin Hortensia, einer Schülerin von Wotruba und Pillhofer, ergänzen im Skulpturenpark diese Hommage an eine mächtige Liebe. Als großartige Tonspur zu dem Gezeigten (und zu den 14 Berg-Gemälden als Fassadengestaltung auf dem Hauptplatz) können sich die Museumsbesucher mittels QR-Code die affichierten Gedichte der Lavant anhören. Die Kärntner Schauspielerin Johanna Hainz trifft den Ton genau.