Die Diagnose über den Zustand der Welt ist erschreckend, doch Heilung ist möglich. Zenita Komad ist überzeugt: „Nur die Liebe kann uns retten.“ Die Begriffe Liebe, Frieden und Gott ziehen sich wie ein roter Faden durch ihr eindrucksvolles Werk, das derzeit in einer Doppelausstellung im Klagenfurter Museum für Moderne Kunst Kärnten und im Kultum, dem Museum für Gegenwart, Kunst und Religion in Graz, zu sehen ist. Die Kärntner Künstlerin, die nach Jahren in Wien und Israel wieder mit ihrer Familie in ihrer Heimat lebt und arbeitet, hat keine Scheu, den Bezug zum Spirituellen zu thematisieren, was ihr auch schon viele Kritiken und Anfeindungen eingebracht hat. MMKK-Direktorin Christine Wetzlinger-Grundnig meinte zur Ausstellungseröffnung: „In der zeitgenössischen Kunst spielt ein lieber Gott kaum eine Rolle.“ Doch Zenita Komads Gott hat nicht mit Religion oder Institution zu tun, sondern mit Spiritualität: „Ich bin überzeugt, dass göttliche Kraft auch zwischen uns fließt und alles lösen kann!“
Rote Fäden ziehen sich auch buchstäblich durch die Ausstellung, sind wie Kraftlinien, die den Weg weisen wollen zu mehr Miteinander, einem zentralen Anliegen der 44-jährigen Kärntnerin. Das Verhältnis der Menschen untereinander und zur Spiritualität sind das Thema, das sie ungemein kreativ, spielerisch und oft mit leiser Ironie mit bunten, tiefsinnigen Arbeiten zwischen Angst und Zuversicht aufspannt: Da ist das knallgelbe, überdimensionale Stethoskop zu Beginn, das unter gebündelten roten Fäden, die zuvor eine Wand durchbrochen haben, auf dem Boden liegt und der Welt einen wenig erfreulichen Befund ausstellt. Dort ist das Kartenhaus aus bemalten Leinwänden, da das dreidimensionale Wandbild von WikiLeaks-Gründer Julian Assange mit einem applizierten Stoff-Schmetterling auf dem Gesicht oder der Sandspielplatz für Kinder mit einem überdimensionalen Bleistift im Zentrum, von dem wiederum rote Schnüre zur an die Wand gemalten Blume des Lebens führen.
„Das ist der vielleicht bedeutendste Raum für mich“, betont die Künstlerin beim Ausstellungsrundgang die Wichtigkeit des Themas Erziehung: „Wir behandeln Kinder heute noch so, als wären sie in den 1950er Jahren.“ Sandgefüllte Kupferpendel sind eine Reverenz an das Foucaultsche Pendel, das einen Nachweis der Erdrotation erbrachte, und ein penetrant klingelndes Stofftelefon an der Wand entlässt schließlich die Besucher und Kunstfreundinnen mit dem Objektbild „Wenn nicht in diesem Leben l(i)eben, wann dann?“ aus der anregenden Schau.
Ein eigener Raum ist unzähligen kleinformatigen Objektbildern und Collagen von Zenita Komad gewidmet, die von rund 40 Leihgebern stammen und oft witzige Dialoge von Text und Bild beinhalten. Vervollständigt wird die Schau durch eine Installation im Burghof, die eines von drei gleichwertigen Land-Art-Projekten ist, bei denen aus Baumstämmen Botschaften gelegt werden. Neben dem Motto in Klagenfurt („Der Krieg ist aus!“) liest man in Graz „Nie wieder Krieg!“ und in einer Installation in Breitenbrunn im Burgenland „Die Waffen nieder!“ Für die Künstlerin sind diese Ausstellungen mehr als Appelle, „sie sind ein Flehen, uns zu besinnen und die Notbremse zu ziehen.“ Ihre Diagnose ist eindeutig, doch „Heilung ist möglich“, sind auch die Besucherinnen bald überzeugt. – Risiken oder Nebenwirkungen dieser heilsamen Schau sind übrigens nicht zu befürchten. Im Gegenteil.
Karin Waldner-Petutschnig