Angeblich hat J Mascis auf seine alten Tage Gesangsunterricht genommen. Wie auch immer: Wenn der langhaarige Frontman von Dinosaur Jr., eine der stilprägendsten Gitarrenbands der später 1980er und frühen 1990er-Jahre, sanft und leicht krächzend die ersten Töne von "Elastic Days" anstimmt, hört es sich noch immer so an, als müsste ihm dringend Nasivin verschrieben werden. Im Video wird der Song von der bunten Drag Queen Dina Martin mit ihren Lippen synchronisiert. Eine nette Überraschung.

Aber das wichtigste: Joseph Donald Mascis Junior hat eine neue Solo-Platte ("Elastic Days", Sub Pop) veröffentlicht. Im Ein-Mann-Modus ist der mittlerweile 52-Jährige Amerikaner ja meist nur mit akustischer Gitarre am Werken. Diesmal sind die meisten Stücke auch von Schlagzeug und Bass begleitet. Auch E-Gitarren-Soli düdelt Mascis immer wieder rein. Das bringt mehr Dynamik, Melancholie und Herzschmerz geben sowie weiterhin den Ton an,  wie zum Beispiel bei Songs wie "Sometimes" und "Drop me". Hey: Mit den Jahren wird Mascis noch zu einem echten Old-School-Songwriter und nähert sich dabei immer mehr Neil Young. Das klingt doch auch nicht schlecht.

Und das gefällt mir auch noch:

Kann man heute noch aktuellen Hip-Hop hören, wo nicht in jedem zweiten Wort zu Gewalt und Drogen aufgerufen wird? "Pieces of a Man", die neue, bisher leider nur digital erhältliche Platte des Amerikaners Mick Jenkins ist so ein seltener Fall. Zum Reinhören: "Understood".

Bleiben wir beim Hip-Hop der alten Schule, also in der Zeit der "good vibes". Wo man aus Jazz, Soul und Funk ein ordentliches Fundament gebaut hat. Und dabei landet man bei der neue Platte der Black Eyed Peas. "Street Livin'" ist ein Stück, mit dem sie mich wieder kriegen.

Jetzt ein Stilbruch. Soll man lachen, staunen oder den Kopf schütteln? International Music, ein Trio aus dem Ruhrpott, hat sicher das schrägste deutschsprachige Album des Jahres raus gebracht. Dahin gerotzter Post-Punk mit musikalisch eindeutigen Referenzen: Velvet Underground, Spacemen 3 und - Krautrock: "Metallmädchen".
Am 3. Dezember live in der Scherbe in Graz.

Nochmal Pop aus Deutschland: Jens Friebe ist Indie-Kennern auch als Kolumnist bekannt. Seit einigen Jahren macht er einfache, schräge Liedermacher-Musik. Wir feiern 50 Jahre 1968:
Da passt "F*** Penetration" genau.

Schließen wir den Kreis mit einem Gruß an Neil Young. Zuletzt ließ Kurt Vile mit einer gemeinsamen Platte mit Courtney Barnett aufhorchen. Auf seinem neuen, eigenen Werk "Bottle It In" gräbt er wieder tief in der Tradition amerikanischer Gitarrenmusik - von Country bis ?.
Wie genial sich fast zehnminütige Songs entwickeln, ohne langweilig zu werden, hört man zum Beispiel auf "Bassackwards".