Nicht nur Poeten, auch Tonschöpfer regte der Faust-Stoff immer wieder zu höchster Kreativität an. So auch Hector Berlioz, der seine Vertonung „La Damnation de Faust“ nannte und dessen selbst verfasstes Libretto von Goethes Meisterwerk inspiriert wurde. Allerdings ist sein kolossales Klanggemälde, das oratorienhafte Züge aufweist, schwer in Szene zu setzen. Deswegen war die Entscheidung klug, „Fausts Verdammnis“ auch bei den Salzburger Festspielen konzertant aufzuführen wie 1846 bei der Uraufführung in Paris, und eine szenische Realisierung war von Berlioz nie intendiert. Die Bilder sollten in der Einbildungskraft der Zuhörer entstehen.
Dafür sorgte im Großen Festspielhaus ein fast keine Wünsche offenlassendes Sängerensemble: Elna Garanča in einer edlen Traumrobe als Marguerite führte sie an. Der samtige Mezzo der lettischen Starsängerin verströmt, vor allen in ihren beiden herrlichen Arien, wunderbare Innigkeit und eine reiche Schattierung an Farben und Emotionen. Bei einer kraftvoll-dämonischen Interpretation und fassettenreicher Gestaltung ist Ildar Abdrazakov ein stets zynisch lächelnder Méphistophélès der Spitzenklasse. Den an Weltschmerz leidenden Titelhelden singt Charles Castronovo mit seinem etwas kleinen, baritonal klingenden Tenor, teils mit etwas zu viel Überdruck. Kräftig und kernig: Peter Kellner als Brandner.
Klar und präzise leitet Alain Altinoglu den gewaltigen Chor- und Orchesterapparat. Bei den Wiener Philharmonikern erspürt man alle gewünschten Gefühle, so auch die Dämonie und die farbigen Klänge der zukunftsweisenden Musik. Nur bei den infernalischen Schreckensmomenten hätte man sich etwas mehr Biss gewünscht. Mannigfaltig dynamische Abstufungen sind aber immer zu erleben wie ein insgesamt sehr organischer Musikfluss. Großer Jubel!