Es ist dem Musikverein unter der Leitung von Michael Nemeth hoch anzurechnen, ein derart aufwendiges Musikstück ins Programm zu nehmen und - erstmals in Graz - einem Publikum in mehr als respektabler Ausformung zu präsentieren. Die Bühne quoll förmlich über, mussten doch neben den Grazer Philharmonikern auch Chor und Extrachor der Oper sowie der Chorus Viennesis (Gesamtleitung der Chöre: Bernhard Schneider) darauf Platz finden. Eine ganze Reihe Pauken stand vor der Bühne im Publikumsbereich, dazu mussten einige Sitzreihen entfernt werden. Am Balkon tummelten sich noch diverse Bläser, die dann von allen Seiten auf die Zuhörer einspielten, sodass die Visionen von der Vergeltung am Jüngsten Tag sehr anschaulich erstanden.

Man hört dem Werk an, dass Berlioz auch ein geübter Opernkomponist war, vieles klingt bühnendramatisch, das Orchester ist sehr effektvoll eingesetzt. Der Komponist trug sich sogar ursprünglich mit dem Gedanken, eine Oper über seine Versionen des Jüngsten Gerichts zu schreiben. Letztlich entschied er sich aber für ein Requiem, wobei er den Text nach seinen Vorstellungen veränderte und zum Teil strich.

Bei der 1837 entstandenen Totenmesse wechseln große dramatische und introvertierte Abschnitte ständig ab. Die Grazer Philharmoniker zeigten, dass sie über ein großes Farbspektrum und viel Leuchtkraft verfügen. Die drei Sätze mit den Blechbläsern gelangen strahlend und geradezu stürmisch, wobei das Tuba mirum einen Höhepunkt an geordnetem Tumult darstellte. Guschlbauer ordnete mit sicherer Hand das Chaos, der Chor blieb vorbildhaft wortdeutlich auch im größten Gefühlssturm. Die Hosanna-Fuge erklang ruhig, gemäßigt und sehr innig mit schönen Bögen, der Schluss mit dem Agnus dei, der den Beginn des Werks wieder aufgreift, gelang mit den Paukenschlägen voll ruhiger Klarheit.