Zuletzt? Monterey. Demnächst? New York und Los Angeles. Und dazwischen? Leibnitz! Wadada Leo Smith macht einen kleinen Sprung über den Großen Teich, um der sechsten Ausgabe des Festivals „Jazz & Wein“ ein unschwer zu prognostizierendes Glanzlicht aufzusetzen.

Der Trompeter, Komponist und Musikethnologe ist die Galionsfigur der Chicagoer Avantgarde. Es ist freilich nicht sein erster Auftritt hierzulande. Der Mann vom Mississippi hatte schon 1996 beim musikprotokoll im steirischen herbst in einem Ensemble mitgewirkt. In den letzten Jahren war er häufig Gast beim Jazzfestival Saalfelden – zuletzt 2013, als er mit seiner konsequenten Radikalität begeisterte, aber auch für Diskussionen sorgte.

Smith, seit Mitte der 1980er ein Rastafari, wechselt in seiner philosophisch unterfütterten Kreativität mühelos zwischen Jazz, Jazzrock und Kammermusik, zwischen Konzerten mit dem Experimentierkönig John Zorn oder Alben mit dem Pianistenkraftwerk Vijay Iyer, zwischen poetischen Hommagen an sein Idol Miles Davis oder schrägen Partituren für die Streicher des berühmten Kronos Quartet.

Mit der 19-teiligen Riesensuite „Ten Freedom Summers“ über die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung, an der er 34 Jahre lang getüftelt hatte, verpasste er 2013 knapp den Pulitzerpreis für Musik. Beispiele seiner graphischen Notationen „Ankhrasmation“, in denen der 76-Jährige Komposition und Improvisation verwebt, wurden schon in namhaften Galerien ausgestellt. Ein rundum offener Geist also.

Und: Artist, Trumpet, Album of the Year („America’s National Parks“), urteilte das Fachmagazin „Downbeat“ 2017 und hob ihn
als „National Treasure“ auf das Cover. Wenn Wadada Leo Smith übermorgen in seinem erstklassigen Great Lakes Quartet Leibnitz beehrt, kann man sich davon überzeugen, dass dieser Hattrick kein Zufall ist.

Weiteres Programm

Weitere Höhepunkte der handverlesenen Konzertliste für Leibnitz sind das norwegische Bläserduo Daniel Herskedal & Marius Neset ebenso wie der italienische Top-Klarinettist Gabriele Mirabassi, der sich mit seinen Landsleuten Nando Di Modugno und Pierluigi Balducci zwei weitere Spitzenmusiker an seine Seite geholt hat. Mit dem Synesthetic Octet ist auch heuer wieder eine innovative heimische Gegenwartsjazz-Formation im Programm. Das Rahmenprogramm runden ein Kinderkonzert, eine Musikfotografie-Ausstellung und zwei Weinverkostungen ab.

Impresario Otmar Klammer zufolge befindet sich das Festival derzeit in der zweiten Entwicklungsstufe. Das erste Ziel, nämlich österreichweit wahrgenommen zu werden, sei erreicht. Nun gehe es auch um die internationale Etablierung. Schon in der Vergangenheit wurden Konzerte aus Leibnitz in mehreren europäischen Ländern und sogar in Israel und Australien ausgestrahlt. Derzeit beackere man vor allem die unmittelbaren Nachbarländer Ungarn, Slowenien - und Kärnten, so der künstlerische Leiter.

Dieses Jahr sei es dank des auf 90.000 Euro angewachsenen Gesamtbudgets - mehr als die Hälfte davon aus Ticketverkäufen und privaten Sponsorentöpfen - gelungen, einen seiner "absoluten Wunschkandidaten", den eingangs genannten Wadada Leo Smith zu engagieren. Ein weiterer solcher sei John Scofield. Klammer hofft, diesen in den kommenden Jahren zum Jazz Festival nach Leibnitz holen zu können.

Als dritte und letzte Entwicklungsstufe des Festivals definierte Klammer das Finden eines fixen Hauptsponsors. Danach gebe es für ihn "gewisse Limits". Eine Entwicklung in Richtung eines Pop & Rock umfassenden Massen-Events sei jedenfalls nicht in seinem Sinne. Als Beispiele dafür nannte Klammer die Festivals in Montreux (Schweiz), Pori (Finnland) oder das Jazzfest Wien.

Jazzfestival Leibnitz vom 27. bis 30. 9. Wadada Leo Smith am Freitag, 21.30 Uhr, im Kulturzentrum. Karten: Tel. (0 34 52) 76 506, jazzfestivalleibnitz.at