Der steirische Dirigent, Pianist und Komponist Patrick Hahn kann mit 23 Jahren bereits auf beachtliche Karriereschritte verweisen. Mit zwölf Jahren verfasste er eine schaurig-komische Oper mit dem Titel "Die Frittatensuppe", er dirigierte an der Bayerischen Staatsoper eine Kinderoper, arbeitete mit den Münchner Philharmonikern und ist ganz nebenbei auch noch als Kabarettist aktiv.

APA: Wo ist Ihr Interesse für klassische Musik hergekommen?

Patrick Hahn: Nicht aus der Familie, meine Eltern verstehen nichts davon, das habe ich aber immer als Geschenk empfunden, denn wenn sie Musiker wären und bei meiner musikalischen Ausbildung dahinter gewesen wären, wer weiß, ob ich dann alles hätte so frei machen können. Ich habe Blockflöte gespielt und im Schulchor gesungen, dann auch bei den Grazer Kapellknaben. Der Leiter brachte mich zum Klavierspielen, und 2006 habe ich mit einem außerordentlichen Klavierstudium auf der Grazer Kunstuniversität begonnen.

Wie ist es dazu gekommen, dass Sie mit zwölf Jahren selbst eine Oper geschrieben haben?

Hahn: Ich habe in der Oper einen der Knaben in der "Zauberflöte" gesungen. Nach einer Vorstellung hatten die anderen beiden "Knaben" und ich die Idee, selbst ein Stück zu schreiben. Wir haben uns eine Geschichte ausgedacht mit Liebe und Gift und Eifersucht und allem, und ich habe eine Musik dazu geschrieben, das Ganze wurde fast eine Stunde lang. Der Chorleiter hat gesagt, wenn du mir die Noten ablieferst, führen wir das auf.

Das war "Die Frittatensuppe". Der Titel zeugt schon von einem eher schrägen Humor.

Hahn: Allerdings, ja. Aber auch nur, weil wir nach der Vorstellung im Gasthaus gesessen sind und diese Suppe gegessen haben. Es geht in der Oper um einen Mann, der ins Gasthaus kommt, eine Suppe bestellt, die wird von der reschen Kellnerin serviert, und die beiden verlieben sich ineinander. Der Wirt ist eigentlich der Freund der Kellnerin, es kommt zum Streit, sie trennen sich. Der Wirt vergiftet daraufhin die Suppe des Gastes. Der vergiftete Gast und die Kellnerin kommen zusammen, sie steckt sich bei ihm an und stirbt vor ihm, er geht ins Krankenhaus und verliebt sich dort in die Sekretärin des Arztes, die beiden heiraten. Da holt ihn das Gift ein und er stirbt, sie erdolcht sich bei der Hochzeit am Altar.

Und das alles in einer knappen Stunde?

Hahn: Ja, ist alles ein wenig kompakter als die normalen Opern. Ich habe nie gelernt zu komponieren, aber wir haben es aufgeführt. Da bin ich zum ersten Mal vor einem Orchester gestanden, und das hat Spaß gemacht. Da war ich 13 oder so, da ist die Idee gereift, dass ich auf jeden Fall etwas mit Musik machen möchte. Ich habe Klavier studiert, es war aber klar, dass ich auf Dirigieren umsattle. Im Maturajahr habe ich dann begonnen, ordentlich Dirigieren zu studieren und 2017 den Master gemacht.

Sie haben bereits ein renommiertes Orchester wie die Münchner Philharmoniker dirigiert, wie funktioniert die Arbeit mit den Musikern für einen so jungen Dirigent, wie verschaffen Sie sich Respekt?

Hahn: Das war noch nie ein Problem, nach meiner Erfahrung wissen die Musiker innerhalb kürzester Zeit, ob sie einen mögen oder nicht. Ich würde auch nie auf die Idee kommen ihnen zu sagen, wie sie ihr Instrument zu spielen haben, da muss man wissen, wie man mit den Leuten umgeht. Sie haben gesehen, dass ich mir nicht irgendwas anmaße, das mir nicht zusteht, und sie haben gesehen, der hat eine Vorstellung von dem, was er will und kann es zum Ausdruck bringen. Ich kenne auch Fälle, wo jemand vor ein Orchester tritt und die Musiker ihn innerhalb von Minuten zerreißen, weil er nur eine Show abliefert und irgendwen nachahmt und nicht ernst zunehmen ist.

Bei den Festspielen in Erl haben Sie einige Konzerte dirigiert und werden dort heuer noch die Oper "L'occasione fa il ladro" von Gioachino Rossini leiten. Ist das Ihre erste Oper?

Hahn: Meine erste große Oper -

 Außer der "Frittensuppe" natürlich -

Hahn (lacht): Ja, und ich habe im letzten Jahr an der Bayrischen Staatsoper bei den Festspielen eine Kinderoper dirigiert. Ich hatte mich als Solo-Repetitor beworben und bin in die zweite Runde gekommen. Dann habe ich lange nichts gehört, und plötzlich wurde ich gefragt, ob ich die Kinderoper dirigieren möchte. Ich dirigiere auch im nächsten Jahr die Wiederaufnahme, und im Mai betreue ich die "Salome" mit Kirill Petrenko am Klavier.

Sie machen auch Kabarett, wie geht sich das zeitlich aus?

Hahn: Kaum noch. Ich habe einmal ein Lied von Georg Kreisler vorgespielt bekommen und habe mich sofort in die Lieder verliebt. Daraus entstand ein Programm, das ich dann 30 mal gespielt habe. Das war die perfekte Abwechslung zum sonst doch sehr starren Klassikmusikbereich.

APA: Sie leiten Anfang Oktober ein Konzert des Orchesters Recreation im Grazer Stefaniensaal, was spielen Sie da?

Hahn: Ich bin sehr gespannt, in der Heimat ist es immer etwas Besonderes. Wir spielen von Mendelssohn die Erste Symphonie sowie "Meeresstille und glückliche Fahrt", von Louis Spohr die Ouvertüre zu "Der Alchymist" - die mache ich auch im Winter mit dem Tonkünstler-Orchester Niederösterreich in Grafenegg - und das Saxophonkonzert, op. 14 von Lars-Erik Larsson.

Wie würden Sie junge Leute ins Konzert bringen?

Hahn: Ich habe immer die Meinung gehabt, dass die Auswahl der Musikbeispiele in der Schule viel beeinflussen kann. Es gibt so viel klassische Musik, die einen jungen Menschen beeinflussen kann, und es gibt so viel fabelhafte Musik, die einen jungen Menschen eher langweilt. Ich bin auch nicht sicher, ob die Crossover-Geschichten der richtige Weg sind. Ich glaube auch, dass große Socialmediapräsenz viel ausmacht. So etwas Simples wie eine Internetpräsenz löst im Menschen schon den Drang aus, da auch Teil davon zu sein. Und es führt nichts an einer Mundpropaganda vorbei.