Nikolaus Harnoncourt prägte die von ihm mitgegründete styriarte 30 Jahre lang. Er war die Herzkammer des Festivals. Aber auch das lebhafteste Herz bleibt einmal stehen. Nach dem Tod des großen Dirigenten im März 2016 mussten sich die Festspiele neu orientieren.

Die erste Saison ohne den Genius Loci war eigentlich noch eine mit dem Genius Loci, denn Harnoncourts Ideen wirkten nach. Etwa das Vorhaben, zum zweiten Mal den Beethoven-Zyklus in Graz zu verwirklichen. Das taten jüngere Kolleginnen und Kollegen für ihn und stemmten mit seinem Concentus Musicus alle neun Symphonien.

Mit einem ganz anderen Riesenprojekt, nämlich dem barocken Opernpasticcio „La Margarita“ samt Rossballett im Schlosspark Schielleiten, forderten sich Intendant Mathis Huber und sein Team im Vorjahr neben dem „Normalbetrieb“ bis zum Äußersten.

Und heuer? Startet die styriarte wieder mit einem Großprojekt. Noch dazu mit einem langfristigen. Denn wenn heute „Julo Ascanio, Re d’Alba“ gegeben wird, ist das nicht nur der imposante Auftakt zum Festival. Auch in den kommenden fünf Jahren soll jeweils eine Oper von Johann Joseph Fux das Kernstück des Programms bilden und zu einer Wiederentdeckung des Komponisten führen, der als Meister seines Fachs in 42 Jahren drei Habsburgerkönigen diente.

Renaissance des Barocken, wenn man so will. Und somit auch ein Zurück zu den Wurzeln, denn in den Anfängen der styriarte hatte Harnoncourt ja mit Bach, Händel & Co seine beeindruckende Visitenkarte als Pionier der Alten Musik abgegeben.

„Felix Austria“ lautet diesmal das Festivalmotto. Ein klares Bekenntnis zum Reichtum österreichischer Musikkultur. Und die Steiermark darf sich glücklich schätzen, wieder mit etlichen heimischen Interpreten und natürlich mit Fux selbst ein Teil dieses Schatzes zu sein. Oder anders gesagt: „Felix Styria“.

Das Glück ist ein Garterl

Er ist nicht sehr groß, auf einer Gstättn auf Schotter aufgesetzt, mit Rollrasen ausgestattet, und die Bepflanzung gibt sich noch ein wenig zurückhaltend für ein opulentes Festgelände. Dennoch konnte den styriarte-Machern nichts Besseres einfallen als diese Ironie eines
Barockgartens. Offiziell wird das Areal hinter der List-Halle denn auch passend zum Festivalmotto „Glücksgarten“ genannt – Platz zum Verweilen des erlauchten Publikums, Pfade, um in der Pause sein Champagnerglas zwischen Rosen, Eiben, Sonnenhüten und den von
Lilli Hartmann in Szene gesetzten Toren und Bögen spazieren zu führen. Auch als Spielstätte unterm Sternenhimmel fungiert dieser Garten auf Zeit. Was für ein Fest, was für ein Spektakel! Dessen Freilufthöhepunkt ist dank Johann Joseph Fux erreicht, wenn Jutta Panzenböck als „Fräulein Austria“ eine Arie vom Brückerl über dem Teich schmettert.