Kürzlich wurde Ihr Arnold Schoenberg Chor beim Österreichischen Musiktheaterpreis in der Oper Graz zum besten Chor gekürt ...

ERWIN ORTNER: ... und das freut uns sehr, weil uns bei unserer Arbeit das Musiktheater immer wichtiger geworden ist. Schon bei den Wiener Festwochen 1988 hatten wir ja Lunte gerochen – in Franz Schuberts Oper „Fierrabras“, in der Regie von Ruth Berghaus, mit Claudio Abbado am Pult. Und weil die Lebenszeit unseres wunderbaren Lebensbegleiters Nikolaus Harnoncourt absehbar war, bauten wir uns eine weitere Säule auf, sind seit 2016 der „Hauschor“ im Theater an der Wien. Damit konnten wir eine Ur-Idee von mir realisieren, nämlich die Qualität eines Konzertchors, der auch Händels „Messias“ oder Werke von György Ligeti singt, auf Bühnen zu bringen und dort auch die Spielleidenschaft der Choristen auszuleben. Die Engagements im Stagione-Betrieb, mit den unterschiedlichsten Dirigenten und in immer frischen Inszenierungen, sind sehr befriedigend und machen uns große Freude.

Dem von Harnoncourt gegründeten Concentus Musicus blieben Sie ja weiterhin verbunden.

ERWIN ORTNER: Wir arbeiten gern mit seinem Nachfolger Stefan Gottfried, etwa im fortgeführten Zyklus im Wiener Musikverein. Zudem schätzen wir die Verbindungen zu kleineren Kammermusikfestivals und bieten auch weiterhin A-cappella-Programme.

So auch am 23. Juni wieder bei der styriarte.

ERWIN ORTNER: Ja, in der Pfarrkirche in Pöllau, wo wir auf Wunsch des Intendanten Mathis Huber neben Brahms und Bruckner auch die „Missa di S. Carlo“ von Johann Joseph Fux singen – kannte ich noch nicht, sehr spannend, raffiniert konstruiert und trotzdem auch emotional sehr stark.

Ihr zweites styriarte-Projekt ist die As-Dur-Messe von Franz Schubert in Stainz.

ERWIN ORTNER: Wir freuen uns sehr über das Wiederaufleben einer Tradition, die unter Harnoncourt begann, und über die Zusammenarbeit mit Andrés Orozco-Estrada. Er kann enorm viel, wie wir schon bei anderen Gelegenheiten, etwa bei Beethovens „Neunter“, erfahren konnten.

Ins Gesäuse, zum obersteirische Festival St. Gallen, kommen Sie auch wieder, und das zum bereits 22. Mal.

ERWIN ORTNER: Das Festival ist für uns von ganz großer Bedeutung, und wir schätzen es sehr, die Region bespielen zu dürfen. Die Rahmenbedingungen sind ideal und wir sind mit den Menschen dort und vor allem auch mit der organisierenden Familie Mitterbäck richtig zusammengewachsen. Heuer bringen wir Dvořáks geniales „Stabat Mater“ und das Violinkonzert von Max Bruch mit dem wunderbaren Solisten Emmanuel Tjeknavorian.

Bei der Gala des Musiktheaterpreises wurde verraten, dass Ihr Arnold Schoenberg Chor eigentlich aus einem Pfarrgemeindechor hervorgegangen ist.

ERWIN ORTNER: Ja, ich habe als Gymnasiast in der Pfarre St. Thomas in Wien-Landstraße zunächst einen Jugendchor, dann einen Kammerchor gehabt. Später reüssierten wir beim Bundesjugendsingen und gewannen beim Chorwettbewerb in Spittal/Drau, da war ich schon alt – 23! Dadurch ermutigt und von der Jeunesse Wien angeregt, gründete ich einen neuen Kammerchor mit Schönberg als Namensgeber.

Sie selbst sagten bei der Gala, dass Sie steirische Eltern haben.

ERWIN ORTNER: Meine Mutter war Lehrerin aus Söchau. Und mein Vater stammte aus Thörl. Er war zunächst Postmeister, ging dann aber nach Graz, um Maschinenbau zu studieren. Er wurde Betriebsingenieur bei Pengg und war nach dem Krieg, nach der Übersiedlung nach Wien, als Beamter für Prüfungen von Unternehmen zuständig, die Kredite aus dem Marshallplan bekommen sollten.