Sie sind 2015 nach Graz gekommen und haben sechs abendfüllende Tanzabende sowie zahlreiche kleinere Projekte
geschaffen. Welches Resümee ziehen Sie nach drei Jahren Arbeit an der Grazer Oper?

Weinöhl: Es waren drei sehr intensive und arbeitsreiche Jahre, in denen ich viel lernen konnte. Gemeinsam mit meinem hoch motivierten Team ist es gelungen, viele Menschen für den Tanz zu begeistern. Das zeigt sich darin, wie viele Zuschauer heute den Weg ins Opernhaus machen, um Tanz zu erleben. Viele von ihnen kommen ausschließlich in die Ballettvorstellungen und schauen sich die Produktionen oft mehrmals an. Das kenne ich so vom Ballettpublikum in Stuttgart. Uns ist es gelungen, in einer kurzen Zeit von nur drei Spielzeiten, Graz als unübersehbaren Wirkungsort auf der Landkarte der Tanzzentren strahlen zu lassen. Die Resonanz auf unsere Arbeit, die zum Beispiel aus Deutschland kommt, zeigt: Man nimmt uns wahr und spricht über uns.

Sie sind zugleich mit Intendantin Nora Schmid an die Oper
gekommen und hatten einen Dreijahresvertrag. Was waren die Gründe,  dass Sie Ihren Vertrag nicht verlängert haben?

Mir lag bis Anfang Oktober 2017 kein Vertrag vor.

Wo war das Problem? Gab es unterschiedliche Auffassungen
über die Rahmenbedingungen?

Als ich im Herbst 2015 als neuer Ballettdirektor hier in Graz anfing, habe ich erstmal mit den gegebenen Mitteln und Bedingungen das Beste für die Sparte Tanz geschaffen. Ich habe nicht gefordert, sondern bin mit dem Vorhandenen umsichtig neue Wege gegangen. Es war mir jedoch immer klar, dass sich die über Jahre hin gleich gebliebenen Rahmenbedingungen für den Tanz am Haus verändern und verbessern müssen, wenn sich der Erfolg unseres Schaffens zeigt. Kompromisse sind immer ein Teil unserer Arbeit, aber ich wollte nicht mehr "irgendwie" weitermachen, zumal ich weiß, welche Mittel und Möglichkeiten für die Sparte Oper am Haus geschaffen werden können.

Hatten Sie das Gefühl, seitens der Intendanz bei Ihrer Arbeit unterstützt worden zu sein?

Es gab ein großes Vertrauen in meine Arbeit. Meine Ideen für die jeweiligen Projekte wurden immer im klar begrenzten Rahmen der Möglichkeiten angenommen. Dafür bin ich sehr dankbar. Alle Abteilungen im Opernhaus haben ihr Bestes gegeben. Oft war ich jedoch überrascht, wie wenig viele Kollegen über die spezifischen Anforderungen undBedürfnisse der Sparte Tanz wissen.

Weinöhls letzte Arbeit in Graz: "Sommernachtstraum"

Wie war die Aufbauarbeit im Ensemble, wie war die
Zusammenarbeit mit der Ballettmeisterin?

Ich staune immer wieder, und bin auch ein wenig stolz, in welch kurzer Zeit mein Ensemble zu dem geworden ist, das die Zuschauer heute in den Vorstellungen begeistert. Einen Löwenanteil an dieser intensiven Arbeit trägt meine Ballettmeisterin Jaione Zabala, die mich unermüdlich begleitet und unterstützt hat und natürlich viele der Tänzerinnen und Tänzer, die täglich immer wieder über sich hinauswachsen.

Gibt es schon Pläne für die Zukunft? Möchten Sie wieder als
Ballettdirektor fungieren oder eher freie Projekte betreuen?

Ich werde nun erstmal in Ruhe reflektieren, was mir in so kurzer Zeit alles gelungen ist und wie ich weiterarbeiten möchte. Daher habe ich Anfragen für freie Projekte für die kommende Spielzeit nicht angenommen. Zudem möchte ich mir eine Technik aneignen, die es mir ermöglicht, auch während meiner zwölfstündigen Arbeitstage neue Inspirationen für meine künstlerische Arbeit zu schöpfen. Mich erfüllt die Aufgabe des Ballettdirektors mit ihrer Komplexität sehr. Mein Anspruch nach Exzellenz im Tanz wird es immer geben. Sollte ein neues Angebot kommen, das meiner künstlerischen Vision Raum zur Umsetzung gibt, dann wünsche ich mir, dies innerlich gelassener angehen zu können.