Vor 19 Jahren war die Oper zuletzt an der Staatsoper zu sehen: „Guillaume Tell“, Gioachino Rossinis Spätwerk und zugleich einer der ersten Beiträge zur Gattung der „Grand Opéra“. Mehr als vier Stunden dauert die Aufführung, weil das monumentale Original nicht allzu stark zusammengekürzt wird. Die Zeit ist ein sonderbares Ding, wie jeder Opernfreund nur zu gut weiß: Rossinis Musik aus dem Jahr 1829 wirkte bei der Wiederaufnahme wesentlich frischer als David Pountneys Inszenierung, die 1998 Premiere feierte. Die Requisiten sind entweder bizarr vergrößert oder verkleinert, eine schwarz gekleidete Soldateska bringt Unheil in dieses brobdingnagische Minimundus, der Landvogt Gesler wirkt eher wie ein Gestapo-Scherge. Dazwischen herrscht althergebrachte Opernkonvention: Die Sänger sind ihrem eigenen darstellerischen Geschick überlassen, was wunderbar (Lisette Oropesa als Mathilde) oder auch nicht (John Osborn als Arnold) funktioniert.