Einen "Moment extremer Geschichte" hat Sean Penn am 24. Februar 2022 hautnah erlebt. Just für diesen Tag war nämlich ein Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj vereinbart. Und der ukrainische ehemalige Schauspielkollege des amerikanischen Neo-Dokumentarfilmers hielt Wort, trotz oder gerade wegen des russischen Angriffs.

Fast genau ein Jahr später zeigt Penn seine heiß gestrickte Doku "Superpower" nun bei der Berlinale. Er nützt die Gelegenheit, Aufmerksamkeit zu erzeugen für weitere Unterstützung der Ukraine. Denn, wie er auch im Film bemerkt, richtet sich der Blick nach einer Weile auf andere Themen. Doch ein Filmfestival kann noch einmal genauer zurückschauen, auch wenn es hier nur 358 Tage sind, seit Sean Penn mit seinem Co-Regisseur Aaron Kaufman die Entscheidung traf, mit der Kamera im Herz des historischen Zyklons zu bleiben.

Die spannendsten Momente der hektisch für amerikanische Fernsehaugen geschnittenen zweistündigen Doku sind diese Entscheidungen des Teams, von Moment zu Moment. Der Hollywoodstar Sean Penn, mit Kriegserfahrung aus Filmen wie "The Thin Red Line" begibt sich auch an die Frontlinie und wird zum "embedded journalist" der ukrainischen Verteidiger.

Sein Film ist die transparenteste und damit ehrlichste Art von Propaganda für die Sache der angegriffenen Ukraine. Sein Interesse gilt den Zivilisten, den SoldatInnen, aber vor allem ihrem mutigen Oberbefehlshaber, der am 24. Februar die Fluchtmöglichkeit ausschlug, die ihm Amerika bot. Ein guter Schauspieler habe die Begabung, er selbst zu sein, wenn die Kamera läuft, heißt es in "Superpower". Selenskyj, dem seine Schauspielfähigkeit als Kriegspräsident von Gegnern der Ukraine zuweilen vorgeworfen wird, ist vielleicht genau deshalb der richtige Mann zur richtigen Zeit. Seinem Idealbild steht die schon etwas ramponierte Draufgänger-Männlichkeit Penns gegenüber. Wie ein Robert-Capa-Klischee, mit Vodka, Zigaretten und Sonnenbrille, führt er durch die heiße Geschichte des vergangenen Jahres. Der richtige Mann mit dem richtigen Film am richtigen Ort: auf der Berlinale.

Abseits des "Superpower"-Blockbusters erzählen noch drei weitere Berlinale-Filme aus der Ukraine: "Iron Butterflies" widmet sich dem Abschuss des Linienflugzeugs MH17, "In Ukraine" dokumentiert den Alltag der Zerstörung, und "We Will Not Fade Away" begleitet fünf ukrainische Jugendliche bei ihrem Traum einer Himalaja-Expedition.

Iran als zweiter Krisenschwerpunkt

Ein Filmfestival wie die Berlinale versetzt einen in den Modus ständiger Ablenkung und immer wartet schon der nächste Film. Vor "Superpower" wurde als Eröffnung der Perspektive Deutsches Kino eine Dokumentation über einen anderen Krisenschwerpunkt dieses Festivals gezeigt. "Sieben Winter in Teheran" von Steffi Niederzoll ist der intensive Bericht des iranischen Justizmordes an Reyhaneh Jabbari. Die 19-Jährige setzte sich mit einem Messer gegen einen Vergewaltigungsversuch zur Wehr und wurde vom korrupten Regime dafür zum Tode durch Blutrache verurteilt. Der Film lässt sie selbst zu Wort kommen, in Telefonmitschnitten und Texten, gesprochen von der berühmten exil-iranischen Schauspielerin Zar Amir Ebrahimi. Auch Reyhanehs Familie kommt zu Wort, die mittlerweile nach Deutschland geflüchtet ist und bei der emotionalen Premiere anwesend war.

Auch der Iran ist in weiteren Filmen präsent: In "Mon pire ennemi" lässt sich der Filmemacher Mehran Tamadon im französischen Exil von Zar Amir Ebrahimi verhören, während er in "Where God is Not" eine Gefängniszelle nachbaut. Und "Between Revolutions" erzählt von einem Briefwechsel zwischen einer Iranerin und einer Rumänin zwischen zwei verschiedenen Revolutionen.