Als strahlender Sieger stand James Franco Anfang Jänner auf der Golden-Globe-Bühne. Der Verband der Auslandspresse krönte den US-Schauspieler zum besten Hauptdarsteller in einer Komödie. In der Tragikomödie "The Disaster Artist" glänzte er in der Rolle des exzentrischen Regisseurs Tommy Wiseau.

Der Film, bei dem Franco auch Regie führte, erzählt die Entstehungsgeschichte des Streifens "The Room", der von Wiseau inszeniert wurde und im englischsprachigen Raum Kultstatus hat. Doch für Franco, der am Donnerstag (19. April) 40 Jahre alt wird, schlug die Freude schnell in ein Desaster um. In Solidarität mit der #MeToo-Bewegung gegen sexuelle Übergriffe trug er einen "Time's Up"-Button am Revers. Prompt meldeten sich die Schauspielerinnen Violet Paley und Sarah Tither-Kaplan auf Twitter mit Anschuldigungen von sexueller Nötigung oder Belästigung zu Wort. Auch frühere Schauspiel-Schülerinnen hielten Franco vor, er habe seine Macht ausgenützt und sie bedrängt.

Die Vorwürfe seien "nicht korrekt", verteidigte sich Franco wenig später in einer Talkshow. Sollte er etwas falsch gemacht haben, wolle er es aber wiedergutmachen, sagte er in der "Late Show". Er unterstütze Menschen, die Missstände ansprechen, und wolle sie "in keiner Weise zum Schweigen bringen".

Doch der Schaden war nicht mehr abzuwehren. Kurz nach der Globe-Gala sagte die "New York Times" eine mit Franco geplante Veranstaltung ab. Mitten in der Preis-Saison tauchte der frühere Hollywood-Liebling unter. Der Verleihung der "Critics' Choice Movie Awards" Mitte Jänner blieb er fern, seine Trophäe als bester Komödienschauspieler nahm ein Kollege stellvertretend entgegen. Auch die Oscar-Chancen, die ihm Filmkritiker zuvor eingeräumt hatten, verpufften. Für sein gefeiertes "Disaster Artist"-Werk gab es am Ende nur eine Drehbuch-Nominierung.

"Basic Instinct"-Star Sharon Stone (60), die in Francos Film eine kleine Nebenrolle spielt, nahm den Regisseur und Schauspieler Mitte März gegen Belästigungsvorwürfe in Schutz. Er sei der "liebeswürdigste" und "netteste" Mann und sie sei völlig entsetzt, dass er nun als "Bad guy" angeprangert werde, sagte Stone im Podcast des US-Autors Marc Maron. Sie würde die #MeToo-Bewegung unterstützen, man müsse Vorwürfe aber rational prüfen.

Bisher gab es in Francos Bilderbuch-Karriere nur wenige Stolpersteine. Der in Palo Alto als Ältester von drei Brüdern geborene Kalifornier wurde als cooles Multitalent gefeiert. Von "Spider Man" über "127 Hours" bis zu "The Interview" hat er in mehr als 50 Filmen mitgespielt. Er ist Regisseur, Produzent, Drehbuchautor, Hochschullehrer, bildender Künstler und Schriftsteller.

Bei der Berlinale 2015 war er mit drei Filmen vertreten. In Werner Herzogs Drama "Königin der Wüste" spielte er den unglückseligen Liebhaber. In Wim Wenders 3D-Film "Every Thing Will Be Fine" hatte er die Hauptrolle des Schriftstellers, der ein Kind überfährt und an seinen Schuldgefühlen fast zerbricht. Und bei der Schwulengeschichte "I am Michael" trat er als Schauspieler und Produzent gleichzeitig auf. "Am tollsten ist natürlich Regie zu führen, weil man da alles selbst in der Hand hat. Ich hoffe, mehr davon machen zu können", sagte er damals der Deutschen Presse-Agentur.

Eigentlich wollte er mit 18 Jahren in Los Angeles Literatur studieren, doch dann packte ihn das Schauspielfieber. Er jobbte in einem Fast-Food-Laden, wie Franco 2015 in einem Beitrag für die "Washington Post" schrieb. Im Gespräch mit Kunden probierte er nach eigenen Angaben verschiedene Akzente aus, darunter den italienischen, russischen und irischen. Nach drei Monaten bei der Burger-Kette habe er einen Werbespot-Auftrag für eine Pizzakette bekommen. "Von da an konnte ich von meiner Schauspielerei leben."

Seinen Durchbruch feierte Franco mit der Hauptrolle in dem Fernsehfilm "James Dean", die ihm 2002 die erste Golde-Globe-Trophäe einbrachte. In der Comic-Verfilmung "Spider-Man" war er Freund und Bösewicht Harry Osborne, in der Filmbiografie "Milk" der Liebhaber von Sean Penns Figur Harvey Milk, in "Eat Pray Love" der junge Lover an der Seite von Julia Roberts.

Als eingeklemmter Kletterer, der sich den Unterarm abtrennen muss, kämpfte Franco in "127 Hours" ums Überleben. Das brachte ihm 2011 eine Oscar-Nominierung als bester Hauptdarsteller ein. Im selben Jahr stand er an der Seite von Anne Hathaway als Moderator bei der 83. Oscarverleihung auf der Bühne. Dabei machte er allerdings keine gute Figur. Sein gelangweilt wirkender Auftritt wurde böse zerrissen.

Für die zweite Staffel der Fernsehserie "The Deuce" wurde Franco Ende März beim Dreh in New York gesichtet. "Er macht sich wieder an die Arbeit", schrieb das Portal "Etonline.com". In der gefeierten HBO-Serie über die New Yorker Pornoindustrie in den 1970er Jahren hat Franco eine Doppelrolle als die Zwillingsbrüder Frankie und Vincent Martino.

An der Rückkehr von Franco ist kaum zu zweifeln. Die Filmdatenbank Imdb.com listet zig laufende Projekte, viele davon schon abgedreht, an der Seite von Stars wie Kate Winslet, Gerard Butler und Dennis Quaid.