Wer gewinnt? Heute werden in Venedig die Löwen des Filmfestivals vergeben. Der Wettbewerb war heuer ausnehmend stark, fixe Favoriten haben sich bis zum Schluss nicht ergeben. Trotzdem stellen wir hier 5 ziemlich sichere Gewinner dieses Festivals vor.

1. Frances McDormand.
"Three Billboards Outside Ebbing, Missouri"heißt der vieldiskutierte Film des Iren Martin McDonagh, in dem McDormand eine kämpferische Provinzlerin spielt: In dem Südstaatenkaff, in dem Mildred lebt, ist der Mord an ihrer Tochter seit Monaten unaufgeklärt geblieben. Also nimmt die tief verletzte Frau die Sache selbst in die Hand und den Sheriff aufs Korn: Warum hat er so lange versagt? In der Tragikomödie wird es mitunter ziemlich handgreiflich, daneben werden aber auch politische Missstände wie Polizeiwillkür und Rassismus angeprangert. McDormand, 1996 für "Fargo" mit dem Oscar als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet, ist nach Meinung vieler Kritiker der Löwe als beste Schauspielerin kaum zu nehmen.

2. Charlie Plummer.
Den US-Schauspieler kennt noch kaum jemand. Er ist ja auch erst 18. Als Kinderdarsteller hat er schon in der TV-Serie "Boardwalk Empire" mitgewirkt und war zuletzt im Kammerspiel "The Dinner" mit Richard Gere und Laura Linney zu sehen. Am Lido aber gilt er nun als eine der großen Festivalentdeckungen. In dem Drama "Lean on
Pete" muss Plummer zwar eine tragische Odyssee auf der Suche nach Liebe und Geborgenheit erleiden. Doch der junge Amerikaner trug den Film auf so beeindruckende Weise, dass er nicht nur ein Anwärter auf eine Auszeichnung, sondern auch eine Neuentdeckung mit enormem Zukunftspotenzial ist.

3. Das US-Kino.
Die USA, gern als Imperium des Banalen verrufen, hatten diesmal ein ausnehmend starkes Teilnehmerfeld im Bewerb. Dass Hollywood an den Lido drängt, liegt daran, dass das  Festival seit einigen Jahren als wichtige Plattform für den Start in die nächste Oscar-Saison gilt. Unter den 21 internationalen Filmen des Hauptbewerbs werden unter anderem diese drei US-Beiträge unter die gewinnträchtigsten gereiht:"Black Swan"-Regisseur Darren Aronofsky polarisierte mit seinem philosophisch beladenen "mother!", Benicio del Toro schuf mit seinem eigenwilligen Märchen "The Shape Of Water" eine bildgewaltige Fantasie in Zeiten des Kalten Krieges. Alexander Payne erzählte mit "Downsizing" eine originelle Geschichte um die geschrumpften Stars Matt Damon und Christoph Waltz, George Clooney lieferte mit "Suburbicon" eine Groteske über Rassismus in den USA. Zu den Favoriten zählt seit Beginn des Festivals aber auch "The Insult" von Ziad Doueiri, der anhand der Eskalation einer Lappalie im libanesischen Beirut viel über die Entstehung gewalttätiger Konflikte offenbart. Vivian Qu,
die einzige Regisseurin im Wettbewerb, prangert in "Angels Wear
White" Korruption und (Macht-)Missbrauch in China an. Auch das imponierte vielen.

4. Virtual Reality.
Dass Filmfest-Leiter Alberta Barbera heuer den ersten Wettbewerb für Virtual Reality-Filme bei einem großen Festival ins Leben rief, gilt schon jetzt als visionär. Mehr als 20 Produktionen zeigten so
teilweise sehr kunstvoll und experimentell die Möglichkeiten, die
diese neue Technik mit sich bringt: Mithilfe einer speziellen Brille
hat man das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein - vielleicht ist
genau dies das Kino der Zukunft.

5. Der Festivalschauplatz.
Eine Zeit lang sah es schon so aus, als würde Venedig seinen Platz unter den wichtigsten Filmfestivals der Welt verlieren, so nachdrücklich (und erfolgreich) warb jüngere Konkurrenz wie Montreal, Tokio oder Shanghai um spannende Filme. Mittlerweile hat die schönste Stadt der Welt ihren Status als zentraler Filmschauplatz wieder gefestigt. Alles drängt an den Lido. Zu Recht.