Im Rahmen eines launigen Gesprächs fragte ich Oscar Bronner einmal, was ihn zur Gründung der Tageszeitung „Der Standard“ bewogen habe. Seine Antwort ist mir in etwa so Erinnerung geblieben: Sein Sohn sei jetzt in einem Alter, in dem man Zeitung zu lesen beginne. Da er ihm aber kein in Österreich existierendes Blatt zumuten möchte, habe er eben sein eigenes auf den Markt gebracht. – Er ließ es nur bedingt wie einen Scherz klingen.

Man kann getrost sagen, dass Oscar Bronner österreichische Mediengeschichte geschrieben hat. Mit nur 27 Jahren gründete er zuerst das Wirtschaftsheft „trend“ und kurz darauf das Nachrichtenmagazin „profil“. Zwei damals hierorts einzigartige Publikationen.

Erstere steuert seit ihrer Gründung einen relativ stabilen Kurs, etliche damals eilig nachgereichte Konkurrenzprodukte existieren heute nicht mehr.

Der 'Standard'-Herausgeber Oscar Bronner während eines Interviews mit der APA in Wien
Der 'Standard'-Herausgeber Oscar Bronner während eines Interviews mit der APA in Wien © (c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)

„profil“ indes verzeichnet einen steten Leserschwund. Mittlerweile ist es ganz im Besitz des „Kurier“ und damit Raiffeisens. Ob die neue Chefredakteurin Anna Thalhammer „profil“ zu altem Glanz führen kann, ist ungewiss. Und ob der neue Geschäftsführer Richard Grasl das Blatt sanieren oder zur Schlachtbank führen wird, muss sich noch erweisen. Erfahrungen im Magazinbereich hat der ehemalige ORF-Manager nicht.

1974 hat Oscar Bronner beide Titel verkauft, zog nach New York und widmete sich ganz seiner eigentlichen Berufung: der Kunst. Seine Malerei verriet alsbald großes Talent, er wurde in internationalen Ausstellungen gezeigt. Derzeit arbeitet er vor allem an Skulpturen. Er verkehrte mit den Großen der Kunstwelt. Ganz kann er seinen Kummer nicht verhehlen, ob seiner großen publizistischen Leistungen als freischaffender Künstler weniger wahrgenommen zu werden.

1986 kehrte der Sohn des legendären Kabarettisten und Musikers Gerhard Bronner nach Wien zurück. Zwei Jahre später gründete er mit finanzieller Unterstützung des deutschen Springer-Verlages den „Standard“. Das Blatt rosa einzufärben war eine Königsidee: Die Zeitung gewann dadurch in kurzer Zeit enorme öffentliche Präsenz. Zudem füllte das linksliberale Blatt eine publizistische Lücke in Österreich.

Dem Vernehmen nach ist Bronners Familie heute die Alleineigentümerin des „Standard“, Oscars Name weist täglich auf der Titelseite auf seine Herausgeberschaft hin. Er nehme keinerlei Einfluss auf das tägliche Geschehen, sagt Bronner gerne. Ihm das zu glauben, fällt einigermaßen schwer. Dazu ist Oscar Bronner wohl ein zu wacher Geist.

Zu seinem heutigen Achtziger darf man ihm von Herzen gratulieren. Und mehr noch dazu, dass er Österreich um drei wichtige Medien bereichert hat, von denen jedes einzelne enorm fehlen würde.

Sein Sohn Alexander führt stolz den Namen seiner Mutter: Mitteräcker. Physisch gleicht er indes seinem Vater wie ein jüngerer Zwilling. Er ist heute Geschäftsführer des „Standard“. Womit sich ein Kreis schließt: Alexander leitet also jene Zeitung, die er einst lesen sollte.