Es sind die Kärntner Traumata, die sich an Stelle eines roten Handlungsfadens durch die Textauswahl ziehen: Das Aufbegehren beziehungsweise Sich-Ducken vor einer Autorität, ob Vater oder Lehrer, die Nonchalance im Umgang mit den Nazis, die auch in der Nachkriegszeit noch geachtete Mitglieder der Kärntner Gesellschaft blieben, das Leiden ihrer Opfer, die Grausamkeiten des Partisanenkrieges, der den Kindern ihre Vorfahren nahm, ein Heimatbegriff, der auf traditionalistischer „Heimatkunde“ fußte, ...
Der Regisseur Peter Wagner, Mastermind hinter dem CarinthiJA 2020-Projekt „Wir kamen und sie brauchten uns“, konnte aus dem Vollen schöpfen. So reichhaltig ist die heimische Literaturlandschaft, dass es ihm nach eigenen Worten schwer fiel, aus einer zweiseitigen Vorschlagsliste von Klaus Amann vier Dichter und eine Dichterin auszuwählen. Das entscheidende Kriterium war schließlich die geografische Streuung. Denn das aufwändige Projekt des klagenfurter ensembles sollte an jenen Orten gezeigt werden, an denen die jeweiligen Autoren aufgewachsen sind. Den Auftakt machte Mittwoch Abend das Freilichtmuseum Maria Saal, das für die Kindheit Peter Turrinis steht.

Vier überlebensgroße, von jeweils zwei Figurenführerinnen gesteuerte androgyne Riesengestalten aus transparenten Stoffbahnen, vielsagenden Händen und metallisch reflektierenden Köpfen (gestaltet von Manfred Bockelmann) sprechen für einige der „Säulenheiligen“ der Kärntner Literatur, „Majestäten“ wie sie Peter Wagner nennt. Majestätisch gemessen, manchmal verschmitzt die Musiker der „Talltones“ tätschelnd oder sachte mitschunkelnd zu Kärntnerlied-Zitaten wirken sie nachdenklich, beseelt und zart trotz ihrer Größe. Mit ausgebreiteten Armen ergeben sie Projektionsflächen für Textzitate, Lichtstimmungen und die Videoeinspielung der Gesichter von Amrei Baumgartl, Michael Kuglitsch, Gernot Piff und Oliver Vollmann, dem grandiosen Darsteller-Team, das unter anderem Literaturzitate von „Aus“ (Alois Hotschnig) über „Guggile“ (Werner Kofler) bis zum „Engel des Vergessens“ (Maja Haderlap) bringt. Mit großem technischen Aufwand, poetischen Lichtstimmungen, raffinierten Projektionen und nicht zuletzt der fetzigen Musik von Richie Klammer, Primus Sitter und Co. entstand so ein choreografiertes Gesamtkunstwerk, das beim Rückweg durch das Heimatmuseum noch lange nachklingt. Sängerin Eveline Rabold gestaltete die Überleitungen zwischen den fünf Kapiteln dieses inszenierten Lesebuches. Wobei es die Songtexte von Peter Wagner allerdings nicht mit den Literatur-Zitaten der Majestäten aufnehmen konnten.