Im Foyer grüßen Posaunen die lang vermissten Gäste, die Intendantin mischt sich froh und erleichtert unter die Maskierten. Am Eingang erinnern Desinfektionsmittelspender daran, dass die Normalität noch fern ist. Freundlich fragt das Personal nach dem Gesundheitsstatus. Masken dämpfen die Konversation der Rückkehrer.

Drinnen bleibt lange Licht, als wollte man das Publikum langsam an die Dunkelheit gewöhnen. Ivan Oreščanin legt Schellaks auf und deutet Tanzschritte an, ehe im Zuschauerraum die Lichter ausgehen. Der Bariton wird immer wieder zum Tanz gefordert an diesem Abend und hält wacker mit in der fremden Kunstsparte. Stilsicher dimmt Oreščanin seine Opernstimme auf die Notwendigkeiten der wehmütigen Tanzmusik herunter, ein Mikro ermöglicht ihm feine Pianonuancen. Zart und energisch entlockt Goran Kovačević seinem Akkordeon rhythmisierte, wehmütige Kantilenen. Mehr Musik ist nicht nötig an diesem intensiven Abend der vorsichtigen Annäherungen.

Das Ballett testet bedächtig sein Bewegungsrepertoire, Annäherung und Vereinzelung, Ballung und Zerstreuung. Als müsste man sich erst langsam wieder seines Körpers versichern, tasten sich die lange zu publikumsfernem Training verdammten Tänzerinnen und Tänzer wieder aneinander heran. Tango ist Berührung, das war lange verboten. Heute ist es Programm.

Auf der Bühne stehen Sessel, der Rest ist Licht. Das nackte Bühnenhaus steht offen bis zum Schnürboden, von dem mächtige Scheinwerfertrauben hängen. Mit ihrer Hilfe zeichnet Johannes Schadl atmosphärische Räume aus Strahlenbündeln. Von oben, von der Seite, von hinten meißelt Licht die Körper der Tänzer aus dem Dunkel.

„Tan(z)Go!“ ist kein Abend für Selbstdarsteller. Ballettchefin Beate Vollack zeigt die Qualitäten ihrer Mannschaft im Kollektiv. Eineinhalb Stunden lang umgarnen Menschen einander in verschiedensten Variationen und Konstellationen. Klassische Tanzbewegungen mischt Vollack harmonisch mit Tangoschritten zu einem feinen Gespinst aus Bewegung und Ruhe, Anziehung und Abstoßung. Eineinhalb Stunden lang fesselt ihre Truppe mit einfachsten Mitteln das Publikum, das mit anhaltendem Jubel dankte. Eine gelungene Rückkehr ins Leben.