Ihnen wurde der Kabarettpreis nach 2012 und 2016 heuer zum dritten Mal verliehen, aber das erste Mal ohne Publikum. Wie war das für Sie?
Hosea Ratschiller: Solo-Kabarett gibt es eigentlich gar nicht, man hat immer einen Spielpartner, das Publikum. Je nachdem wie es drauf ist, verändert sich der Charakter des Stückes. Wenn man allein da draußen steht und redet, ist das Solo-Kabarett im wahrsten Sinn des Wortes und nichts, woran ich mich gewöhnen möchte.


Die Premiere von „Ein neuer Mensch“ war Ende September 2019. Sie konnten knapp fünf Monate spielen, auch die Kärnten-Premiere im November beim klagenfurter ensemble. Was bedeutet das finanziell für Sie?
Ich konnte mit rund 50 Vorstellungen gerade die Fixkosten der Produktion einspielen, dann war Schluss. Seitdem falle ich lustig durch alle Auffangnetze und bin sehr froh, dass ich die Rundfunkarbeit habe. Das Schlimmste für mich war, dass ich völlig um die Deutschland- und Schweiz-Premiere umgefallen bin. Die Vorbereitungen sind Investitionen, wenn dann nichts mehr stattfindet, ist das schon sehr bitter.


Wie geht es weiter?
Wenn ich’s mir aussuchen darf, fange ich mit den beiden Terminen Ende Jänner im ke-Theater wieder an. Die Kärnten-Premiere letztes Jahr dort war derartig spitze, das waren so schöne Vorstellungen, dass ich mich schon sehr freue, dort wieder zu spielen. Wenn das nicht klappt, gibt’s Ersatztermine im April, man kann also problemlos Eintrittskarten zu Weihnachten verschenken.


Im Jänner zeigt ja auch der ORF eine Wiederholung der Stadtkomödie „Harri Pinter. Drecksau“, in der Sie 2017 mitgespielt haben ...
Ideal! Das war ein wunderbares Projekt! Es war toll, das machen zu dürfen und auch Kärntnerisch reden zu können im Beruf, das habe ich ja sonst nie. Wirklich schön, dass in Klagenfurt einmal ein Film gedreht wurde und man die Stadt abseits der Wörthersee-Klischees sieht, eine Geschichte, die dort angesiedelt ist in einer Sprache, die hier gesprochen wird!


Haben Sie Ihr Kabarett-Stück in der monatelangen Zwangspause aktualisiert?
Das Stück ist durch Corona noch aktueller geworden. Es geht darum, dass sich ein überforderter Familienvater in die eigenen vier Wände zurückzieht, weil er die Welt nicht mehr versteht. Er versucht, eine neue Ordnung zu schaffen, die er seiner Tochter weitergeben kann und scheitert daran natürlich. Ich habe an einer Stelle das Wort Lockdown eingefügt, ansonsten ist es wortgleich.


Wie ging es Ihnen als Familienvater in den letzten Monaten?
Ich lebe mit meiner Frau und drei Kindern zusammen, die sind acht, sechs und vier. Homeschooling und Homekindergardening und alles, was man sich nur wünschen kann, kenne ich bereits. Es ist alles sehr anstrengend, aber ich bin nicht bereit, mich dem zu beugen, nicht bereit aufzuhören, das Leben zu mögen, nur weil’s gerade schwierig ist.


Was sind Sie: Kabarettist oder Satiriker?
Ich sag’ ganz gern Komödiant, weil das auch in Deutschland richtig verstanden wird. Dort bedeutet Kabarett, die Schlagzeilen des Tages abzuarbeiten, dann gibt’s Comedy, Satire, Stand-up und so. Bei uns nennt man alles Kabarett. Das, was ich mache, würde ich am ehesten komödiantisch nennen. Der Schlüssel ist: Wenn etwas komödiantisch sein soll, dann darf der auf der Bühne nicht gewinnen. Sobald er überlegen ist, ist es nicht mehr komödiantisch, denn die große Stärke am Humor ist, dass er dieses Scheitern, mit dem wir leben müssen, erträglicher macht. Es gibt auch einen Moment, nach dem man gescheitert ist, und der muss nicht die totale Katastrophe bedeuten, da kann man dann auch einen Witz machen.