Am 9. Jänner reisten der chinesische Künstler Wu Shaoxiang und seine Frau Jiang Shuo von Peking nach Berlin zurück. Sie haben Glück gehabt. Offiziell war noch keine Rede vom Ausbruch einer Epidemie, „aber von Freunden haben wir gehört, dass in Wuhan etwas los ist. Als wir in Berlin waren, haben wir dann mehr erfahren.“ Sorgen machen sich die beiden, die längst österreichische Staatsbürger und in Ebenthal bei Klagenfurt heimisch sind, vor allem um ihre Verwandten, die beiden Mütter: „Man darf nur zweimal in der Woche einkaufen, jeder muss einen Gesundheitspass haben, alles wird kontrolliert!“ Sind – bei allen Vorbehalten gegen das Regime – die autoritären Maßnahmen Chinas hier nicht von Vorteil?

„Nein. In China gibt es viele zusätzliche Nachteile. Das Internet ist großteils gesperrt, man kann sich nicht informieren, alles bleibt im Dunkel. Es wird nur mehr die Epidemie behandelt, normale Krankenhausbesuche sind nicht möglich.“ Den offiziellen Zahlen traut der 63-jährige Wahlkärntner nicht, das extrem strenge Vorgehen gebe keine Sicherheit. Und Unsicherheit mache Angst. In Österreich seien die Maßnahmen „ja nichts dagegen!“ Man könne spazieren gehen, im Garten arbeiten – „Bei uns hat keiner Angst vor den Behörden!“

Eigentlich hätte der Bildhauer im Februar so wie in den vergangenen Jahren für einige Monate nach China reisen sollen. An der Kunstakademie in Tianjin, einer Stadt 100 Kilometer von Peking entfernt, hat Professor Wu einen Lehrauftrag. Auch eine Galerie in Singapur, die mit Arbeiten des Künstlerehepaares eröffnen sollte, musste ihre Schau verschieben. Doch die beiden bleiben gelassen, und Diskriminierung als Asiaten haben sie seit Ausbruch der Krise in Österreich nicht erfahren.

Geldmünzen und Banknoten sind oft Ausgangsmaterial für seine Skulpturen, die so wie die ironischen Arbeiten seiner Frau Jiang Shuo in Asien und Europa ausgestellt werden. Buddhaköpfe tragen den Kopf Mao Tsetungs, Dollarzeichen sind starke Details einer Kunst, die verschmitzt-politisch und stets kritisch daherkommt.

Als das Künstlerpaar 1989 nach dem Massaker am Pekinger Platz des Himmlischen Friedens nach Kärnten flüchtete, sprach es kein Deutsch und nur wenig Englisch. Der Sohn war drei Jahre alt (mittlerweile lebt er als Mathematiker in Köln). Ein Auftrag der Stadt Klagenfurt für eine Skulptur im Europapark hatte Wu nach Kärnten geführt, wo er bald durch Künstlerfreunde wie die „Bluesbreakers“ (die er für eine Tournee nach China gebracht hatte) unterstützt wurde. „Es ist so sauber und sicher, man fühlt sich nicht bedroht, eine eigene Meinung ist möglich“, schwärmt der Weltbürger auch heute noch von seiner neuen Heimat – und geht gelassen ins Freie, um noch ein wenig zu „garteln“.