Fast wie im richtigen Leben. Ein Minister stolpert über eine Affäre aus dem Amt. Sein dem Vernehmen nach redlicher Nachfolger Narbonne übernimmt die Mitarbeiter, darunter den hohen Beamten Selicour. Dass dessen Talente sich auf Einschleimen und Ausnutzen beschränken, bleibt Narbonne lange verborgen, auch wenn der von Selicour entlassene La Roche wie ein wandelndes Transparenzpaket die Intrigen offenlegt.

Ein rotierender Turm mit Kanzleitüren ist das zentrale Bühnenelement dieser Koproduktion mit dem Landestheater Niederösterreich. Regisseur Fabian Alder hat seinem Ensemble eine hübsche Choreografie verordnet, die die Absicht zu koordiniertem Vorgehen gegen Selicour und auch den Gleichklang von Gedanken, etwa bei Mutter und Tochter des Ministers, bebildert. Wieso von der kreisenden Tintenburg (Bühne: Tommy Garvie) der Feuerlöscher verschwindet und dann wieder auftaucht, wieso Fotos des Ministers affichiert werden und gleich wieder weg sind, erschließt sich nicht, war aber hilfreich beim Türenzählen.

Den stärksten Eindruck des Abends hinterlassen die Kostüme. Johanna Lakner hat den Schauspielern kastenförmige Sakkos verpasst, jenes von Minister Narbonne mit derart grotesk breiten Schultern, dass ihm nicht nur im übertragenen Sinn die Hände gebunden sind. Das surreale Outfit erinnert an den Kinderkanalklassiker Bernd das Brot, bringt schrägen Humor ins Spiel (vertrauensselige Koffer, die ihre Arbeiten an Selicour weitergeben!) und bestimmt die Körpersprache. Als seine Machenschaften endlich auffliegen, steht Selicours Aufgeblasenheit allein da.

Dass Schillers Parasit die Rechtschaffenen ausbeutet und der Mächtige einmal nicht der Böse ist, kommt sehr kurzweilig, harmlos, fast schon verharmlost daher, untermalt vom Queen-Hit „We are the Champions“ und der „YMCA“-Hymne. Die Feinmechanik der Manipulation zu hinterfragen, ist eindeutig nicht die Absicht der Produktion, die mit einem knackig-kurzen politischen Richtungsstreit ausklingt. Am Ende darf der Minister mit „So sind wir nicht“ noch das Beste aus dem Politjahr 2019 ins Publikum werfen. Heike Kretschmer ragt als Gerechtigkeitsfanatiker La Roche mit fettem Lacher aus dem homogenen Ensemble.

Fazit: Ein Blutgruppe-0-Abend. Schnell vorbei, bald vergessen, gänzlich unpeinlich und auch nicht ärgerlich.