Wenn sie auf die Bühne gehen, sind sie das personifizierte Understatement, die drei Damen und der Herr Schlagzeuger vom Ensemble Anti-House 4. Auch wenn sie ihre Plätze eingenommen haben, wirken ihre Gesten linkisch und hat man fast das Gefühl, sie genieren sich irgendwie, auf der Bühne zu sein. Was aber dann losgeht, ist eine mehr als zweistündige Abenteuerreise im Grenzbereich zwischen zeitgenössischer Musik und Jazz. Wird jetzt gerade improvisiert oder nach Noten gespielt? Man mag es nicht entscheiden. Es gibt nichts, an dem man sich als Zuhörer festhalten kann: keine Basslinie, selten einmal ein harmonisches Gerüst.

Aber es funktioniert. Saxophonistin Ingrid Laubrock pumpt aus Leibeskräften, Pianistin Kris Davis tupft und malt und leuchtet in allen Farben. Dazwischen insistiert Gitarristin Mary Halvorson. Mit diversen Pedalen verfremdet sie den Klang ihres Instruments ins Rohe, ins Ungehobelte und Untergründige. Wie die Klosterschülerin in der Kirchenbank sitzt sie da, regungslos, andachtsvoll und bearbeitet die Saiten in geradezu mephistophelischer Manier. Schließlich Tom Rainey am Schlagzeug, der dem Ganzen auf höchst sublime Weise rhythmischen Halt gibt.

Gelegentlich sagt Laubrock Titel an, aber es ist einerlei. Es stürmt und ruht und stürmt und ruht. Jeder Wechsel passiert so selbstverständlich und sicher. Das Ensemble atmet als Ganzes und mit ihm das Publikum. Selten hat man im vollbesetzten Villacher Kulturhofkeller bis zum Ende eines Konzerts so konzentriert mitgelebt wie an diesem Freitag Abend. Die anfängliche Distanziertheit der Musikerinnen wurde unmerklich zur Nähe. Erstaunlich, dass bei so schwieriger Musik so viel Emotion im Spiel sein kann.