Brigitte Karner ist entspannt. Die Völkermarkter Schauspielerin holte in zwei Entschlackungs-Wochen im Vivamayr-Hotel in Maria Wörth zum befreienden Rundumschlag aus und belastete in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vor wenigen Tagen den deutschen Regisseur Dieter Wedel. Sie unterstütze darin mit ihrer persönlichen Geschichte jene zwei Schauspielerinnen, die im Magazin der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ den Filmemacher („Der große Bellheim“, „Der König von St. Pauli“ u. a.) sexueller Übergriffe und männlicher Demütigungen beschuldigten. Mit eidesstattlichen Erklärungen, die Wedel ebenfalls mit einer eidesstattlichen Erklärung abwehrte.

Schwer unter Beschuss: der deutsche  Regisseur Dieter Wedel
Schwer unter Beschuss: der deutsche Regisseur Dieter Wedel © (c) APA/dpa

„Das ist eine unglaubliche Frechheit! Und wenn der Mann fünf Eide leistet, leistet er fünf Meineide!“, empört sich Brigitte Karner, die Dieter Wedel bei den Dreharbeiten zum „Großen Bellheim“ (1992) hautnah kennenlernte. „Ich habe seinen Avancen nicht nachgegeben. Am Anfang war ja alles wunderbar, und eine Zeit lang wartet man ab. Er setzt sich immer her, du spürst ja als Frau, was läuft. Und ich bin nett, aber immer eine Mauer – und dann fängt er an draufzuschlagen, und es wird ein Vorführen und Demütigen. Es war fürchterlich!“ Und die Kollegen? „Keiner hat was gesagt, keiner traute sich“, erinnert sich die Mimin, „dabei war immer ein Minimum von zehn Leuten am Set.“ Mario Adorf, dessen Tochter Karner spielen sollte, war zwar ein verlässlicher Stichwortgeber. Doch wenn sie Wedel in einer Szene mit ihm einen Satz zwanzig Mal wiederholen ließ und sie anbrüllte, gab Adorf immer noch brav zwanzig Mal das Stichwort, ohne ihr beizustehen. „Darum geht’s mir: Ich will anderen Frauen sagen: Bitte, bitte, fühlt euch ermutigt, werdet es los. Es geht nicht darum, ihn zu verklagen, das ist alles zu spät, aber es geht darum, ihn bloßzustellen. Er ist ein Teufel und er hat ein Hinkebein, wissen Sie das?“, ereifert sie sich im Gespräch im Hotel. „Das war ein richtig schlimmer Typ.“

Um sich im Zuge der weltweiten „#MeToo“-Bewegung zu Wort zu melden, musste sie ihr Mann Peter Simonischek erst ermutigen. Er, der zu Ende der Bellheim-Dreharbeiten, als Wedel seine Frau nicht heimfahren lassen wollte, fragte: „Hast du was mit dem?“, freute sich: „Jetzt, wo sie den Weinstein haben, ist Zeit, dass der Wedel mal drankommt!“ Brigitte Karner kämpfte mit sich: „Ich wollte mit dem Mann nix zu tun haben. Ich hab’ damals gespürt, dass ein Krieg, eine Diskussion mit ihm, ihm Befriedigung verschafft hätte. Ich wollte ihm keine Befriedigung verschaffen.“ Doch der Mut der beiden Schauspielerinnen im Zeit-Magazin hat sie beeindruckt und ihr Mann unterstützt sie: „Brigitte, ich hoffe, du wirst das Trauma los.“

„Mein höchstes Bestreben ist, identisch und bei mir zu sein, meine Würde zu bewahren“, resümiert die 60-Jährige, die auch als Lehrende am Elfriede-Ott-Studio in Wien den Schauspiel-Studenten „Würde für diesen Beruf“ beibringen will. „Ich bin eine sture Kärntnerin, die ihren Stolz hat“, nennt sie als Impuls für die erfolgreichen Solo-Programme und Lesungen (Christine Lavant, Gioconda Belli, Tschaikowski u. a.), die sie – oft gemeinsam mit ihrem Mann – erarbeitet. „Ich bin keine Bettlerin, will nicht warten, bis ich mit einem Angebot angerufen werde.“ Lieber ergreift sie selbst die Initiative – so wie in diesem Kurhotel am Wörthersee, das sie begeistert und ab sofort ihr Faible für Ayurveda-Kuren in Indien ablöst: „Es ist wunderschön hier, und ich bin in Kärnten! Es tut mir so gut!“ Sie ist in ihre Heimat gekommen, um zu entgiften. Jetzt strahlt sie. Die „Wedel-Detox“-Kur hat ihr sichtlich wohlgetan.