Nervös machen den Kaufmännischen Direktor der Salzburger Festspiele die steigenden Coronainfektionszahlen im Land offenbar nicht. "Wir sind natürlich bis zum 30. August angespannt", sagt Lukas Crepaz. Dann, am Ende des auf 30 Tage verkürzten Festivals, wird sich zeigen, wie erfolgreich das Präventionskonzept war. "Wir tun alles, was in unserer Macht steht. Ein Restrisiko wird übrigbleiben."

In wochenlanger Arbeit haben die Festspiele unter der Verantwortung von Crepaz und unter Einbeziehung eines medizinischen Expertenbeirates das 41 Seiten umfassende Corona-Präventionskonzept für Künstler, Mitarbeiter und Besucher erstellt. Es wird kontinuierlich mit der Gesundheitsbehörde und der Landessanitätsdirektion evaluiert. Die Vorschriften beinhalten einen Verhaltenskodex und gehen weit über die bestehenden Corona-Verordnungen der Bundesregierung hinaus, wie Crepaz betont.

Auf Pausen wird verzichtet

Als Beispiel nennt Crepaz den Verzicht auf Pausen und Gastronomie in den Veranstaltungsstätten. Für Mitarbeiter gilt eine Tragepflicht von Mund-Nasen-Schutzmasken auf allen Wegen in den Festspielhäusern. Ausgenommen hiervon sind nur die Künstler auf der Bühne. Auch für Zuseher gilt eine generelle Maskenpflicht mit Ausnahme auf den Sitzplätzen während der Vorstellung.

"Wir empfehlen den Besuchern, allerspätestens 15 Minuten vor Vorstellungsbeginn da zu sein. Häuser und Säle öffnen gleichzeitig 30 Minuten, bei schlechtem Wetter 45 Minuten vor Beginn." Mithilfe eines Leitsystems werden die Zuseher zu den Plätzen geführt. Schilder über den jeweiligen Eingangstüren zeigen dem Kartenbesitzer, welcher Eingang für seinen Sitzplatz vorgesehen ist. Crepaz ist zuversichtlich, dass die Besucher geordnet ihre Plätze finden und den Mindestabstand von einem Meter einhalten können.

"Unser Konzept hat gegriffen"

Von dem Virus wurden die Salzburger Festspiele im Vorfeld des am 1. August beginnenden 100-Jahr-Jubiläums außer einem einzigen Fall einer leicht erkrankten Mitarbeiterin bisher verschont. Crepaz: "Da haben wir gesehen, unser Konzept hat gegriffen." Es werde auch regelmäßig nachgeschärft.

Der Wiener Staatsopernchor wird während der zwei heuer angesetzten Opern, Richard Strauss' "Elektra" und Mozarts "Cosi fan tutte", "aus dem Off singen", sagt Crepaz. Damit soll ein potenzielles Ansteckungsrisiko aufgrund vermehrten Ausströmens von Aerosolen beim Singen auf der Bühne, wo die Sänger den Sicherheitsabstand unterschreiten müssen, vermieden werden.

Auch die Steuerungen der Belüftungs- und Klimaanlagen in den Festspielhäusern wurden optimiert. "Die Anlage im Haus für Mozart hat ein Zwei-Filter-System. Das entspricht beinahe einem klinischen Standard", erläutert Crepaz. Die Frischluftmenge im Großen Festspielhaus beträgt wegen der reduzierten Kapazität an Zusehern 90 Kubikmeter pro Person und Stunde, bisher waren es 37 Kubikmeter. Der Luftaustausch erfolgt fünfeinhalb Mal in der Stunde.

MNS während Aufführungen empfohlen

Crepaz empfiehlt den Besuchern des Festivals, auch während der Aufführungen einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen - soweit sie sich dadurch nicht gesundheitlich beeinträchtigt fühlen. "Ich glaube, das Livekunsterlebnis kann diese zusätzliche kleine Belastung bei weitem überwiegen. Aber das Wichtigste ist: Wenn man sich grundsätzlich nicht wohlfühlt, soll man nicht zur Veranstaltung kommen", appelliert der Kaufmännische Direktor an die Eigenverantwortung des Publikums. Falls ein Besucher wegen einer Covid-19-Infektion verhindert ist, dem werde bei einem entsprechenden Krankheitsnachweis die bereits bezahlte Karte rückerstattet.

In Zeiten der noch nicht beendeten Coronapandemie den Mut aufzubringen, ein Festival zu veranstalten, beruhe auf dem Selbstverständnis der Festspiele, Lösungen in schwierigen Situationen zu suchen und Kunst zu ermöglichen, auch unter der Gefahr, auf mehr Kritik zu stoßen. "Das Einfachste ist, nichts tun", meint Crepaz. "Natürlich stehen wir im Fokus großer Öffentlichkeit. Die Disziplin der Künstler und Mitarbeiter ist sehr hoch. Jedem ist die Verantwortung bewusst, die wir füreinander haben. Wir wollen alles tun, damit wir Vorreiter für die Ermöglichung von Kunst sind. Dass wir sagen können, alle Maßnahmen haben funktioniert."

Ein positives Echo könnte eine Initialzündung zur Wiedereröffnung weiterer Kultureinrichtungen im September sein, hofft Crepaz. Auch wenn er zu bedenken gibt, dass trotz des Präventionskonzeptes Covid-19-Fälle nicht auszuschließen sind. Im Falle eines massiven Ansteigens der Fallzahlen in Salzburg könnten die Festspiele auf bereits erstellte Notfallpläne zurückgreifen. "Wir hoffen, dass das nie der Fall sein wird."

10.000 Karten noch erhältlich

Mit dem Kartenverkauf zeigt sich Crepaz zufrieden. Von den insgesamt 76.000 aufgelegten Karten sind derzeit noch 10.000 im freien Verkauf erhältlich. Der "Jedermann" ist bereits ausverkauft. Die Festspiele hätten alles daran gesetzt, so Crepaz, dass viele Interessierte die Veranstaltungen sehen können, auch wenn sie keine Karten haben. Als Beispiele führte er 30 Fernsehproduktionen von ORF, Arte, 3Sat und dem Bayerischen Rundfunk an, ein Streamingangebot auf der Arte-Homepage, eine Übertragung beim Wien-Filmfestival und im Dom von Innsbruck, weiters die Siemens-Festspielnächte am Kapitelplatz in Salzburg und ein Public Viewing an drei Wochenenden auf der Pernerinsel in Hallein.

Das diesjährige Budget der Festspiele wurde coronabedingt von 68,8 Millionen Euro um 27 Millionen Euro auf 41,6 Millionen Euro gekürzt. Von diesen Einbußen sind alleine 14 Mio. Euro auf die Covid-Kapazitätseinschränkung im modifizierten Programm, Mietausfälle sowie Sponsoring für nicht realisierte Produktionen zurückzuführen. Durch die Verkürzung der Festspiele von sechs auf vier Wochen und die damit verbundenen Absagen fallen weitere knapp 13 Millionen Euro weg. Die Festspiele planen diese Einnahmenentgänge durch konsequente Kostenreduktionen im modifizierten Budget aufzufangen. Crepaz: "Wenn die Situation stabil bleibt, sind wir guter Dinge, dass uns dies gelingt."