In ihrer 100-jährigen Geschichte waren die Salzburger Festspiele stets eine Institution, die vom Glanz, vom Beharrungswillen und von der künstlerischen Vision ihrer Macher und Künstler lebte. Vom legendären Dreigestirn ihrer Gründer, über die absolutistischen, schillernden Karajan-Jahre und die Erneuerungen der Mortier-Dekade bis zu den konstanten Steuermännern und -frauen hinter dem Vorhang.

Im Folgenden eine Auswahl von zehn prägenden Persönlichkeiten aus der Salzburger Festspielgeschichte.

MAX REINHARDT (1873-1943)

Die prägende Gründungs- und Führungsfigur der ersten Festspieljahre war der Regisseur Max Reinhardt. 1917 skizzierte er die Festspielidee in einer Denkschrift, der unter anderem das bekannte Zitat von der Kunst "nicht als Luxusmittel für die Reichen und Saturierten", sondern als "Lebensmittel für die Bedürftigen" entlehnt ist. Der gebürtige Badener hatte am damaligen Stadttheater Salzburg seine Schauspielkarriere begründet und von daher eine enge Verbindung zum "Herz vom Herzen Europas", als das er Salzburg empfand. Die ersten Festspiele eröffneten mit seiner Inszenierung des "Jedermann", das Schauspielprogramm des Festivals leitete er 18 Jahre lang, seine guten internationalen Kontakte brachten den Festspielen bei Künstlern und Publikum rasch enormen Status. 1937 emigrierte der jüdischstämmige Theatermacher in die USA.

HUGO VON HOFMANNSTHAL (1874-1929)

Sein "Jedermann" ist das ikonografische Schauspiel der Salzburger Festspiele: er schallte mit wenigen Ausnahmen - so unter der Naziherrschaft zwischen 1938 und 1944 - jedes Festspieljahr vom Domplatz. Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal steuerte als Mitgründer aber noch wesentlich mehr zu den Festspielen bei. Ein Jahr vor der Inaugurierung hatte er einen Entwurf für Festspiele an der Salzach veröffentlicht, mit Betonung eines notwendigen "Europäismus", der die mitten im Ersten Weltkrieg geborene Festspielidee begleiten sollte. Kurz nach dem "Jedermann" brachte er 1922 auch ein weiteres Mysterienspiel, "Das Salzburger Große Welttheater", heraus - im Opernprogramm schlugen sich seine Kooperationen mit Richard Strauss nieder. Bis zu seinem Tod 1929 war Hofmannsthal eng in die Geschicke, die Finanzierung und das Programm der Festspiele eingebunden.

RICHARD STRAUSS (1864-1949)

Der dritte zentrale Mitstreiter des legendären Gründungstrios war der Komponist und Dirigent Richard Strauss. Als damaliger Direktor der Wiener Hofoper holte Strauss das Genre der Oper nach Salzburg: Bereits 1922 brachte er mit den Wiener Philharmonikern Mozarts "Don Giovanni" in der Mozartstadt heraus und fungierte bis ins Jahr 1924 auch als Festspielpräsident. Seine eigenen Werke - vom "Rosenkavalier" bis zur "Elektra" - zählen bis heute zum Kernrepertoire des Festivals. Seine letzte Oper, "Die Liebe der Danae", wurde bei den Festspielen - allerdings wegen des Krieges erst nach dem Tod des Komponisten - uraufgeführt.

ARTURO TOSCANINI (1867-1957)

Der italienische Dirigent Arturo Toscanini war eine Galionsfigur der Festspiele in den 1930er-Jahren, als nach der Wirtschaftskrise die Kartenverkäufe rasant anstiegen - aber auch die Produktionskosten für die aufwendigen Operninszenierungen, die der eigenwillige Stardirigent auswählte. Er brachte erstmals Verdi nach Salzburg und setzte nicht zuletzt als trotziges politisches Signal auch Wagners "Meistersinger" aufs Programm. Sowohl Toscanini - der sich in seiner Heimat bereits mit Mussolini angelegt hatte - als auch der zweite prägende Dirigent dieser Jahre, Bruno Walter, waren überzeugte Antinationalsozialisten. Nach dem "Anschluss" 1938 verweigerte Toscanini aus Protest die Rückkehr nach Salzburg - eine vielbeachtete Absage, die nicht nur Festspielgeschichte geschrieben hat.

HERBERT VON KARAJAN (1909-1989)

Ein großer Sohn der Stadt und der langjährige "Alleinherrscher" über ihre Festspiele: Dirigent Herbert von Karajan prägte die Festspiele ab der Nachkriegszeit wie keine einzelne andere Figur vor oder nach ihm. In Salzburg geboren und ausgebildet, begann er seine Laufbahn im nationalsozialistischen Deutschland und kehrte 1949 nach Salzburg zu den Festspielen zurück. Ab 1956 war er alleiniger künstlerischer Leiter und zog die Fäden des Festivals bis zu seinem Tod 1989. Karajan machte die Festspiele zum internationalen Klassik-Hotspot: Er legte Wert auf Weltstars und holte damit auch Gäste aus aller Welt. 1960 eröffnete er das neu erbaute Große Festspielhaus. 1967 gründete er die Osterfestspiele, 1973 die Salzburger Pfingstkonzerte.

OSCAR FRITZ SCHUH (1904-1984)

Der Regisseur Oscar Fritz Schuh setzte mit seinen Inszenierungen der Opern von Mozart Maßstäbe, die zum Teil bis heute Gültigkeit haben: An der Wiener Staatsoper, vor allem aber bei den Salzburger Festspielen prägte er einen Mozart-Stil, der statt auf üppiges Ausstattungstheater auf schlichte psychologische Figurenzeichnung setzte. Zwischen 1946 und 1970 inszenierte er in Salzburg etwa 30 verschiedene Produktionen und zählte damit neben Persönlichkeiten wie Gottfried von Einem - dessen Salzburger Uraufführung von "Dantons Tod" 1947 er ebenfalls in Szene setzte - zu jenen Künstlern, die die ästhetischen Maßstäbe und Ansprüche der Festspiele in den Nachkriegsjahren entscheidend mitgestalteten. Der Stadt Salzburg blieb der gebürtige Münchner auch darüber hinaus treu: In den 1970er-Jahren gründete er gemeinsam mit seiner Frau Ursula das Salzburger Straßentheater, das er bis zu seinem Tod 1984 leitete.

CHRISTA LUDWIG (geb. 1928)

Wenige Künstlerinnen und Künstler sind den Salzburger Festspielen so lange und durchgehend verbunden wie die deutsche Mezzosopranistin Christa Ludwig. Seit ihrem Debüt im Sommer 1955 in Richard Strauss' "Ariadne auf Naxos" und in der Zauberflöte war die Sängerin insgesamt 166 Mal in 71 Produktionen bei den Festspielen zu erleben. Vor allem im zentralen Mozart- und Strauss-Fach prägte ihr einzigartiges Timbre die Salzburger Aufführungsgeschichte, ihre Salzburger Wegbegleiter waren Karajan, Karl Böhm und Leonard Bernstein. Ihren Abschied als Salzburger Bühnenkünstlerin feierte "La Ludwig" 1993 mit einem Liederabend, jedoch gibt die Sängerin seitdem öffentliche Meisterklassen im Rahmen des "Young Singers Project", die nicht nur wegen ihrer Unterrichtsleidenschaft, sondern auch wegen ihrer liebevollen Scharfzüngigkeit nicht nur bei Studierenden, sondern auch beim Publikum sehr beliebt sind.

HEINRICH WIESMÜLLER (geb. 1936)

Mit seinem stets bescheidenen Auftreten ist der Bankier Heinrich Wiesmüller trotz 30 Jahren in wichtigen Funktionen bei den Salzburger Festspielen eine stille Ausnahme unter den schillernden Festivalpersönlichkeiten. Ehemals im Salzburger Landesdienst und ab 1965 Geschäftsführer des Bankhauses Spängler, kam der kulturell in Salzburg vielfach unterstützend tätige Wiesmüller 1976 erstmals ins Festspieldirektorium. Nach dem Ende der Ära Karajan 1989 spielte er die entscheidende Rolle in der Findungskommission, die Gerard Mortier als neuen Intendanten vorschlug. Wiesmüller wurde 1991 Präsident der Salzburger Festspiele und war die wohl wichtigste Stütze von Gerard Mortier und Hans Landesmann, um die Festspiele nach der Ära Karajan zukunftsfit zu machen. 1995 übergab er die Präsidentschaft an Helga Rabl-Stadler.

GERARD MORTIER (1943-2014)

Der belgische Intendant Gerard Mortier trat 1991 das schwierige Erbe von Herbert von Karajan als Leiter der Salzburger Festspiele an und verstand sich dabei als Erneuerer, der auch vor Provokation nicht zurückschreckte. Mortier modernisierte das Repertoire, holte - nicht zuletzt mit seinem legendären Konzertchef Hans Landesmann - die Gegenwartskunst nach Salzburg und wandte sich damit auch an ein jüngeres Publikum. 25 Opern des 20. Jahrhunderts wurden in der Dekade Mortier in Salzburg aufgeführt. Dass er sich dabei auch gern als enfant terrible gerierte, der den Konflikt mit der Salzburger Kulturprominenz nicht scheute, sorgte für Kontroversen und damit für Festspiel-Gesprächsstoff. Nach seiner prägenden Salzburger Zeit war er Intendant der Ruhr-Triennale, später in Paris und bis zu einem Tod 2014 in Madrid.

HELGA RABL-STADLER (geb. 1948)

Ebenfalls eine Tochter der Stadt Salzburg, lenkt die amtierende Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler die Geschicke des Festivals seit mittlerweile 25 Jahren. Die ehemalige Journalistin und Politikerin verkörpert wie niemand sonst den Status der Festspiele und ihre Vernetzung in Politik und Wirtschaft. Ihre Unermüdlichkeit als Botschafterin des Festivals, als Streiterin um Sponsorengelder und als Konstante während der durchaus wechselvollen Jahre der Intendanten Gerard Mortier, Peter Ruzicka, Jürgen Flimm, Alexander Pereira, Sven-Eric Bechtolf und Markus Hinterhäuser machten sie zur Institution, an der keiner vorbei kann. Eine Rolle, die sie nicht zuletzt während des Ringens um Jubiläumsfestspiele während der Corona-Pandemie untermauerte. Ihr Vertrag wurde oft verlängert, zuletzt erst heuer um ein weiteres Jahr bis 2021.