Sie inszenieren einen Prosatext gemeinsam mit einem Stück, von dem ein gewisser Goethe meinte, es eigne sich gar nicht für das Theater. Warum?
FRANZ XAVER MAYR: Heute gibt es andere szenische Strategien, man kann man aus einem ganzen Gestaltungskanon wählen, und Theater ist nicht mehr auf eine gewisse Art des Spiels beschränkt. Natürlich ist die „Penthesilea“ trotzdem unmöglich. Was dieser Frauenfigur zustößt, können wir psychologisch nicht nachvollziehen.

Die Amazonenkönigin, der die Liebe vom Gesetz untersagt ist, verliebt sich in Achill und bringt ihn in Liebesraserei um.
Wir neigen dazu, das auf etwas Banales herunterzubrechen, etwa darauf, im Liebestaumel das Falsche zu tun. Das ist zwar auch richtig, aber im selben Moment ist diese Sicht viel zu klein für das, was im Stückverlauf passiert. Wir versuchen also in dieser Inszenierung gemeinsam, als Gruppe, diese Geschichte zu erzählen und nachzuerleben. Auch mit dem Wissen, dass das, was den Figuren da zustößt, schwer zu erklären und schwer zu ertragen ist.

Ohne Rollenzuordnung?
Jede Rolle wird von unterschiedlichen Personen interpretiert, aus der künstlerischen Haltung heraus, dass diese Figuren vielfältige Dimensionen haben. Es interessiert weder Kleist noch mich, ob man für diese Figuren die richtige Interpretation findet. Die Wahrheit liegt ja oft zwischen den Dingen. Da geht es nicht darum, das möglichst richtig zu machen; das Wichtigste passiert in der Spannung zueinander. Zumindest nehme ich so Leben wahr.